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von vnv_nation » 27. Sep 2005, 00:44
Salz und Serum
Viele Tage und Nächte waren vergangen und sie wanderten immer noch durch dieses leere Land, welches aus Salz zu bestehen schien. Nicht außer einer flachen, weiß leuchtenden Fläche vor ihnen, nichts hinter ihnen, nichts zur Linke oder zur Rechten und darüber ein stetig dunkelblauer Himmel. Sie, drei weiß gekleidete, hinter Kapuzen verborgene Wesen, dazwischen, den Blick, auf der Suche nach einem Weg durch dieses unfreundlich, tagsüber heiße und nachts kalte, trostlose Land, oder besser, in der Hoffnung den Weg hindurch bereits gefunden zu haben, nach Westen gerichtet. Vorn ging eine Frau, deren Alter nicht zu schätzen war, scharfe, klare, schwarze Augen, die nicht das geringste Zeichen der Jahre, welche sie bereits gesehen hatten aufwiesen, lagen in einem bleichen Gesicht, welches wellenförmig von langen, in ihrer Augenfarbe schimmernden Haaren eingerahmt war. Direkt hinter ihr ein alter, kleiner Mann, dessen Augen so tief wie die Zeit selbst waren, in denen Witz und Weisheit glänzte, aber auch noch etwas Unbekanntes, als hätten sie die Jahrtausende gesehen und die Jahre all Jener, die leben und einst lebten. Ein Stück dahinter ein junger Mann mit Augen so rein, wie sein Herz, denen man ansah, dass er noch näher an seiner Kindheit war, denn an seinen besten Jahren. Er hatte schon Einiges erlebt, wenngleich nur wenig mehr als nichts. Das Entsetzen über das vor kurzem erst gesehene Leid und den Tod stand noch in sein Gesicht geschrieben und die Falten in diesem verrieten, dass er tief in eigenen Gedanken versunken war. Doch trotz alledem und kaum auf seinem Antlitz wahrzunehmen, schmal, wie ein Silberstreif am Horizont und nur von jenen zu bemerken, welche immer ein Stück weiter, tiefer sehen, konnte man erkennen, dass ein angenehmes Gefühl in ihm wuchs, während sie zu dritt durch dieses seltsame, wasserlose Land zogen. Er selbst hatte es bisher noch nicht bemerkt, aber manchmal wunderte er sich, warum die Augen in seinen Träumen schwarz wurden, das Gesicht bleicher und die wallenden blonden Haare sich verdunkelten. Wie schon so oft, seit sie die Berge hinter sich gelassen hatten, erschöpft von den weiten Strecken, welche sie zurückgelegt hatten, gingen seine Gedanken auf Reisen und der salzige, weiße Boden färbte sich grün. Ihm wohlbekannte Berge erschienen mitten in der Luft und ein leises Kichern klang in seinen Ohren wieder. Obwohl er wusste, wie dieser Tagtraum endete, genoss er dessen Anfang und seinen Verlauf bis zu dem Punkt, an welchem jenes bleiche, durchscheinende Gesicht mit den glutroten Augen voll Zorn auf der Spitze des Berges Arewendel, dem Dunklen und Kalten, fern im Südwesten seiner Heimat, dem Lande Konlir, erschien.
Müde trottete ich hinter den anderen beiden her. Meine Augen mal auf ihre Fußspuren, mal auf das Land in meinem Rücken gerichtet, doch mein Geist in der Ferne.
Eilig huschte die kleine Gestalt in der nachtblauen Robe über den Pfad. Kaum ein Geräusch wurde dabei laut. Kein Rascheln ihres Gewandes, kein Klacken oder Schaben des Stockes auf dem Weg oder an einem Stein, kein unbedachtes Knirschen unter ihren Füssen. Klar konnte er neben ihr die Hänge erkennen, welche hinauf führten zu jenem Schreckensberg, dem Talwächter, dessen Wachen selten nur gute Nachrichten für die Dörfer Konlirs brachten, wenn auch sie den schmalen Durchgang zum dichten Wald des einsamen Baumes gut zu verteidigen wussten. Ruhig lag die Gestalt nun hinter einem der zahlreichen Sträucher denn eine Schar Bewaffneter kam auf den alten Dorfweg, der Verbreiterung des Grünwegs nur noch selten genutzt wurde, entlang. Trotz der Entfernung, welche noch zwischen ihnen und der Versteckten bestand, konnte sie gut erkennen, dass die Meisten verwundet waren, hinkten oder müde ihre Hellebarden aber auch Schwerter hinter sich herzogen, erschöpft von tagelangen Kämpfen. Kaum ein Wort drang zu ihr. Nur das stetige Schaben von Holz auf den kleinen Steinen des ausgetretenen Weges. Sie spürte eine Bewegung hinter sich, doch bevor sie sich umdrehen konnte, legte sich eine starke Hand über ihren Mund und ein kräftiger Arm riss sie aus ihrem Versteck. Ein blaues Licht flammte auf, und ein Schrei zerfetzte die Stille.
”Willst du noch mal? Nur falls dich noch nicht all unsere Feinde gehört haben!”œ zischte mir eine weibliche Stimme zu. Ich sah nach oben und in ihre tiefen, schwarzen Augen. Unfähig etwas zu sagen schüttelte ich nur den Kopf.
”Langsam glaube ich wirklich, dass ihm der Schlag geschadet hat”œ, sagte sie giftig zu dem alten Mann neben sich, der mich ebenfalls ansah, doch dessen Augen keine Regung verrieten.
Wieder schüttelte ich den Kopf, immer noch meiner Stimme beraubt. Wütend warf sie ihren Tornister auf den Boden. Zischend und murmelnd ging sie einige Schritte vorwärts, dann wieder zurück und sah aus, als würde sie gleich vor Zorn platzen.
”Ich glaube, auch dir hat der Schlag auf seinen Kopf ein wenig geschadet”œ, fuhr der alte Mann sie an. Sie riss augenblicklich die Hände hoch, und ließ sie wieder fahren, dabei stieß sie einen gedämpften Laut aus. Ihre Augen fixierten in rascher Folge erst den Alten, dann mich.
”Verdammt!”œ sagte sie, ging wieder einige Schritte voraus und ließ sich dann auf den Boden fallen. Leise schimpfte sie vor sich hin, doch der alte Mann lächelte nur.
”Na Manor, wieder mit offenen Augen geträumt?”œ
”Ja.”œ
”Hmmm, ich frage mich, ob sie mit dem Schlag nicht Recht hat?”œ
”Nein!”œ
”Sicher?”œ
”Ja, ganz sicher. Es war nur der Traum. Jala, ihr ist Etwas geschehen.”œ
”Ist es nicht.”œ
”Es ist”¦ Sie wurde ”¦ Jemand ”¦ hat ”¦”œ
”Du bist dir ganz sicher, wegen des Schlages?”œ
Ich verdrehte die Augen, ließ den Alten stehen, wo er war und ging einige Schritte vorwärts und nahm neben der immer noch schimpfenden Sirajarta Platz.
”Tut mir leid”œ, sagte ich zu ihr.
”Ich weiß!”œ schnappte sie und das Funkeln in ihren Augen wurde deutlicher. ”Es war wieder sie, oder? Das Mädchen?”œ
”Ja, Jala, meine Schwester. Jemand hat sie angegriffen.”œ
”Es hat sie Niemand angegriffen. Das sind nur Träume und Ängste”œ, erwiderte die junge Frau und langsam wichen die Zornesfalten von ihrer Stirn.
”Sie wurde angegriffen!”œ sagte ich laut und nun stieg Zorn in mir auf.
”Versuch bitte dich zu beherrschen. Der Kampf mit den Tarunern müsste dir doch gezeigt haben, dass dieses Land nicht sicher ist. Du lockst sie noch auf unsere Fährte”œ, raunzte sie zurück, obgleich sie langsam ruhiger wurde.
”Nun fang wieder damit an”œ, blaffte ich, erhob mich, ging auf den alten Mann zu, warf ihm einen giftigen Blick zu und setzte mich etwa sechs Schritt von ihm entfernt wieder hin.
”Wenn ihr beiden Turteltäubchen fertig seid, könnten wir uns eigentlich eine Stelle zur Rast suchen.”œ Kaum hatte der Alte die Worte ausgesprochen, spürte er unsere zornigen Augenpaare auf sich ruhen. Ohne ein Wort nahmen wir beide unsere Rucksäcke auf, schulterten sie und stapften wütend, aber nebeneinander, davon.
Stered Wegilt zuckte nur mit den Schultern und ging hinter uns her. Das gedämpfte Schimpfen vor ihm konnte er nicht verstehen, doch, dies musste er auch nicht, er wusste genau, dass wir uns über ihn unterhielten, eifrig dabei zu leugnen, dass wir irgendwelche Sympathien für einander hegten. Wir hatten keine Ahnung, dass er uns nachts während wir schliefen oder unsere Wache hielten, beobachtete. Ihm war nicht entgangen, dass wir bei einander saßen, oder aber sowohl Sirajarta, als auch ich selbst ruhiger lagen, mit dem jeweils anderen an unserer Seite. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er kannte die Herzen der Wesen zu gut, um nicht zu wissen, dass dies dazu gehörte.
Die Dämmerung nahte und in Kürze wären zahllose Sterne am Himmel zu sehen. In diesem Land spielte es keine Rolle, ob es Tag oder Nacht war. Der Himmel zeigte immer ein tiefes Blau und unsere Silhouetten hoben sich beständig gegen ihn ab.
Wir näherten uns einem der wenigen Hügel in diesem, sonst so flachem Land. Oft mussten wir bis tief in die Nacht suchen, doch nun war uns das Glück einmal hold. Kurz genug war die Rast am Tag zuvor gewesen. Der Mond hatte sich bereits wieder dem Horizont genähert, als wir endlich einen Unterschlupf gefunden hatten.
Eilig knöpften wir unsere Roben zusammen und entrollten unsere Decken darunter. Stered saß, wie so oft, vor unserem Notzelt und bereitete das Abendessen. Er würde auch, wie immer, die erste Wache übernehmen. In den letzten Tagen hatte er uns meist erst geweckt, wenn die Zeit zum Aufbruch gekommen war. Wir fragten uns, wie er das nur durchhielt. Wir beide konnten oft nach den endlosen Märschen kaum noch unsere Löffel halten, er aber schien von einer seltsamen Macht beseelt zu sein und endlose Kraft zu besitzen.
Sirajarta und ich setzten uns zu ihm, spähten in die beginnende Nacht oder sahen den aufgehenden Sternen zu. Nach dem Essen, glitten wir in das Zelt und schliefen ein. Ich hoffte nur, dass mich die Bilder unseres letzten Kampfes nicht einholten.
Vor ihr stand ein Mann im mittleren Alter und er rieb sich mit der rechten Hand den linken Arm. Immer noch, so schien es ihr, liefen Wellen des Schmerzes durch diesen. Er redete, doch sie hörte ihm nicht zu. Zu sehr war sie damit beschäftigt auf das Geschehen um sie herum zu achten. Abgesehen davon, dass sie beschlossen hatte diesem Mann nicht zu antworten. Sie standen vor einem kleinen Zelt, welches, so hatte sie zu mindestens ihren Häscher verstanden, dem Kommandeur der Bergwache gehörte. Im übrigen Lager herrschte reger Aufruhr und hier, wie dort, wurden Befehle gebrüllt, klapperten Schwerter oder Pfeile in ihren Köchern, kratzen Schilder über Rüstungen oder klirrten Kettenhemden. Einige der Soldaten gossen Pech über Strohballen, tauchten Pfeile hinein, andere füllten diese zähflüssige Masse in einen Kanal aus ausgehöhlten und dann geteilten Baumstämmen.
”Hast du mich verstanden?”œ
Das Mädchen sah verwirrt den Mann vor sich an. Sie überlegte einen Moment, was sie sagen könnte und antwortete dann einfach, ”Ja, Meister”œ.
”Gut, dann geh jetzt hinein”œ, sprachs und hob einen der Vorhänge, welche den Eingang sonst verbargen.
Schnell huschte sie in das Zelt. Ein einfacher Tisch stand in dessen Mitte, dahinter ein ebenso einfacher Stuhl. An der einen Zeltwand standen zwei Truhen, eine sehr alte und eine etwas neuere, an der anderen ein Waffenschrank auf welchem ein silbrig glänzendes Schwert lag, welches sicherlich ebenfalls schon bessere Zeiten gesehen hatte, dennoch keinerlei Rost aufwies. Darunter stand ein Leder bespannter Schild, etwas kleiner, als sie selbst und etwa 2 Fuß breit, auf dem Schildbuckel prangte des Wappen Konlirs. Daneben, leicht an das Gestell gelehnt, eine schwere Armbrust, ein lederner Bolzenköcher.
”Guten Abend, meine Dame”œ, sagte eine angenehme, tiefe Stimme hinter ihr.
Erschrocken wand sie sich um und sah in die klaren, grünen Augen eines Mannes, der kaum älter als ihr Bruder Manor sein konnte. Er trug eine einfache, leichte Lederrüstung mit einer Vielzahl Nieten, dazu Kettenarmschienen. Über seiner linken Schulter war das Griffstück eines Kurzschwertes zu erkennen und in der Hand des gleichen Arms hielt er einen Langbogen. Jalas Mund klappte auf, wieder zu und wieder auf.
”Guten Abend, mein Herr”œ, stieß sie schließlich beinahe tonlos hervor.
”Nun, setzt Euch”œ, sagte er mit einem Lächeln und wies auf den einzigen Stuhl im Raum. Sie folgte seiner Hand. Während sie langsam auf den angewiesenen Platz zuging, spürte sie seine Augen in die ihren Blicken. Als sie sich gesetzt hatte, sagt er, ”Ihr seid keine Spionin. Das erkennt ein Blinder. In Euren Augen ist zuviel Leben. Ich muss Euch also um Verzeihung bitten für die übereifrige Tat meiner Wächter.”œ
Sie nickte nur kurz. Immer noch sah sie in das jugendliche Gesicht des Mannes vor sich und viele seltsame Gedanken jagten durch ihren Kopf.
”Ihr müsst verstehen, dass wir heute Nacht einen Angriff der Seri erwarten und damit rechnen, dass viele ihrer Späher während des Überfalls auf den Naworpass versucht haben Konlir zu betreten. Ich möchte nicht, dass eine Schar dieser Wesen plötzlich in unserem Rücken auftaucht.”œ
Sie nickte erneut und suchte Worte um ein wenig mehr zu sagen, als jenes ”Guten Abend”œ.
Doch noch immer versuchte sie verzweifelt ihre Gedanken zu sammeln und wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
”Ich möchte Euch bitten mein Gast zu sein. Ein Zelt wird soeben für Euch bereitet und Ihr werdet Speis und Trank vorfinden.”œ
”Habt Dank”œ, stammelte sie und errötete.
”Wohin führt Euch Euer Weg? Und wieso reist Ihr allein, die Lande sind gefährlich in diesen Tagen.”œ
”Ich hab gehört, dass noch einige der Meinen im fernen Buran leben sollen. Nach diesen will ich suchen”œ, und endlich klang ihre Stimme wieder nach der ihren und die Worte fielen nicht mehr stoßweise aus ihrem Mund.
”Ein wahrhaft weiter Weg und, so muss ich Euch sagen, gefahrvoller denn vormals.”œ
”Doch ich muss ihn wagen, alle Menschen, die ich sonst kannte, sind verschwunden”œ, antwortete sie mit zitternder Stimme. Er musterte sie erneut, doch seine Züge verrieten nicht, ob er ihre Lüge durchschaut hatte, oder nicht. Er nahm sie lediglich bei der Hand und führte sie aus dem Zelt, hinüber zu einem weiteren und verabschiedete sich vor diesem von ihr.
Als sie gerade hineingehen wollte, wand sie sich noch einmal um.
”Viel Glück, mein Herr”œ, und ihre Stimme war fest und aufrichtig.
”Ich muss Euch jedoch bitten Euer Zelt heute Nacht nicht zu verlassen”œ, gab er kühler als zuvor zurück, dann verbeugte er sich und ging davon.
In Gedanken versunken glitt sie durch den Vorhang und fand alles, wie beschrieben vor. Eilig schlang sie das Essen hinunter. Vier Tage war sie unterwegs und hatte seitdem nur wenig zu sich genommen.
Dann setzte sie sich auf das Bett, ließ ihren Oberkörper in das weiche Stroh fallen und schlief beinahe sofort ein.
Die Kerze auf dem Tisch war heruntergebrannt. Das Zelt lag beinahe in völliger Dunkelheit. Sie sah hinüber zu den Zeltwänden. Im Schein der Feuer vor dem Zelt, sah sie Schatten über den Stoff huschen. Schnell sprang sie auf, lief so rasch sie konnte zum Tisch, schnappte sich das kleine Messer, welches von ihrem Abendmahl dort liegen geblieben war und versteckte sich im Schatten neben dem Eingang. Sie hörte zwei zischende, hohe Stimmen. Schleppend sprachen diese miteinander und nur wenig verstand sie von dem, was sie sagten.
Dann öffnete sich der Vorhang. Eine bleiche Hand hielt knapp neben ihrem Gesicht inne. Eine große, fahlhäutige Gestalt trat ein, eine weitere folgte. In ihren Händen trugen sie Waffen, die in einem unheiligen Licht erstrahlten. Langsam gingen die beiden Gestalten vorwärts und die Klingen tauchten das Zelt in ein giftiges Grün. Glitten beinahe lautlos an ihr vorbei. Doch sie bewegte sich behände und ebenso geräuschlos hinter die erste der beiden. Ehe das zweite Wesen noch begriffe, was das gurgelnde Geräusch hinter ihm bedeutete, spürte es, so wie kurz zuvor sein Gefährte, eine schneidenden Schmerz an seiner Kehle. Klirrend landete sein Säbel auf dem anderen, der unhörbar auf den Boden aus Gras gefallen war, als der Sterbende seine Hände um seinen eigenen Hals schloss.
Keuchend stand sie über den Toten, ihr Herz raste. Das kleine Messer entglitt ihrer Hand und Tränen schossen in ihre Augen. Doch bevor sie auch noch zu weinen anfangen konnte, hörte sie eine Stimme in ihrem Kopf. ”Gut gemacht Kleine und nun nichts wie weg!”œ
Sie bückte sich und griff mit der linken Hand nach einem der grünlich schimmernden Säbel. Mühsam unterdrückte sie einen Schrei, als ein brennender Schmerz durch ihren Arm raste. Schnell ließ sie die Waffe los und taste, im Schatten neben den Klingen der Seri nach ihrem kleinen Messer. Sie verstaute es im Gürtel ihrer Robe und ging dann leise hinüber zum Tisch, dort fand sie ihren Holzstock gegen die Platte gelehnt. Sie griff ihn fest mit beiden Händen, obgleich ihr linker Arm noch immer schmerzte. Dann huschte sie lautlos aus dem Zelt. Vorsichtig eilte sie von Schatten zu Schatten. Ihr Entsetzen über ihre eigene Tat wich, je weiter sie durch das Lager kam. Überall fand sie tote Wächter, kopflos oder mit tiefen, klaffenden Schnitten in Brust und zumeist im Rücken. Im Tal hörte sie das Klirren von Stahl auf Stahl. Vom Ausgang des Lagers konnte sie das ganze Schlachtfeld überblicken. Das Pech, welches die Soldaten zuvor in die halben Holzrohre geschüttet hatten, brannte im Tal. Im flackernden Licht der Flammenwand konnte sie wenige Soldaten Konlirs gegen eine Übermacht von Seri kämpfen sehen. Brennende Pfeile ergossen sich über die Angreifer, feurige Strohballen wurden auf sie herabgerollt und doch schien der Kampf aussichtslos. Ihr Herz sprach vor ihrem Verstand und als dieser wieder einsetzte, war sie bereits den halben Weg ins Tal hinab gerannt. Nun wurde sie vorsichtiger und näherte sich langsamer mit Bedacht der Schlacht. Sie sah zwei Gestalten durch die Büsche huschen. Sie näherten sich der Stelle an der einige Wächter die Strohballen anzündeten und sie ins Tal rollten. Sie rannte los und schrie Warnungen in die Nacht. Einige der Soldaten wanden sich den nun selbst überraschten Seri zu und nach kurzem Handgemenge lagen beide erschlagen vor ihnen. Ihre bleichen Gesichter durch das kalte Licht der Waffen grünlich schimmernd, ihr Augen rot, aber leerer als zuvor.
Jala jedoch kümmerte sich nicht um die Toten, auch nicht um die Rufe der eben geretteten Soldaten. Im Tal hatte sie etwas gesehen, was ihr Herz in Aufruhr versetzte. Sie rannte hinab, schneller als je zuvor. Ihr Herz raste, ihre Lunge brannte.
”Vorsicht Manor”œ, sagte die junge Frau an meiner Seite. ”Sie dürfen uns nicht sehen, sonst können wir sie nicht überraschen”œ. Ich nickte und hielt in meiner Bewegung inne.
”Wie nun weiter”œ, fragte ich sie. Ihre Augen leuchteten kurz auf, es war der gleiche kurze Anflug von Verärgerung, der in ihnen gestanden hatte, als ich vor wenigen Tagen in Lardikia beinahe über sie gestolpert war.
”Zählen”œ, antwortete sie kurz und als wenn ich nicht wüsste, wie sie dies meinte, hob sie ihre rechte Hand und ließ nacheinander alle Finger empor schnellen. Mein Blut wallte auf, doch ich mahnte mich zur Ruhe. Sie hatte Recht, die Frage war überflüssig gewesen. Vorsichtig robbte ich seitwärts. Als ich mich zu ihr umsah, traf mich ein fragender Blick. Ich bedeutete ihr zu warten und wies nach Links, vollführte dann eine Halbkreisbewegung mit meiner Hand. Sie nickte zustimmend und ihre schmalen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Langsam robbte ich weiter und umrundete den letzten Wagen der Händlerkarawane. Auf der linken Seite entdeckte ich zwei weitere Taruner. ”šWenn du welche siehst, pfeif ihre Anzahl, wie ein Salzvogel”™ hatte sie gesagt. Nur, wie pfiff ein Salzvogel? Ich spitzte die Lippen, entschied mich dann jedoch zurück zu robben. Als ich Sirajarta sah, hob ich meine Hand. Sie nickte verstehend, warf mir aber einen giftigen Blick zu und ich konnte ihre Gedanken hören. Ich sah entdeckte ein Lächeln auf Stereds Gesicht neben ihr und ich wusste, dass ich richtig geraten hatte.
Wenige Augenblicke später hörte ich ihre helle Stimme. Ich sprang auf, zog das Schwert, das ich seit meiner Prüfung auf dem Plateaus am Berg Eriandira bei mir trug und rannte auf den ersten Taruner zu, der mit dem Rücken zu mir stand. Er kam nicht einmal mehr dazu sich umzudrehen. Mein Schlag trennte sein Haupt von seinem Rumpf. Die Macht, welche seinen Körper hielt war gebrochen und sein Körper zerrieselte zu feinem Sand. Der andere Taruner war durch die Wagenreihe gestürmt und den anderen beiden zu Hilfe geeilt. Ich huschte durch eine Lücke und blockte seinen ersten Schlag gegen Sirajartas ungedeckte Flanke. Er wand sich mit atemberaubender Geschwindigkeit mir zu und mir blieb nichts anderes übrig, als unter seinen heftigen Schlägen langsam zurück zu weichen. Das Schwert wurde immer schwerer. Ich schwitzte unter dem Lederwams und mein Hals, wie meine Arme schmerzten. Ich konnte einen Blick auf Stered erhaschen, wie er gerade seinen Stock wegwarf und seine Hände nach vorn schnellen ließ. Ein Feuerball traf den Taruner und er zerfiel, bis auf jenen Teil, welchen die Hitze des Zaubers zu Glas verschmolzen hatte. Doch Stered war weit entfernt und Sirajarta war in ärgere Bedrängnis geraten. Ebenfalls den schweren Schlägen rückwärts ausweichend, war sie über eine Bodenwelle gestolpert und gestürzt.
Meinen Schrecken bezahlte ich teuer, denn der Taruner traf mich am Kopf.
Ich wachte auf. Sirajarta saß neben mir und streichelte vorsichtig meine Hand. Das Hemd unter meinem Lederwams klebte an meiner Haut und die Wunde an meinem Kopf brannte wieder, obgleich sie von einem feuchten Lappen gekühlt wurde.
”Ich sag ja, du hast mehr abbekommen, als du zugeben willst”œ, fing sie an.
”Naja, wenigstens hat es sich gelohnt und wir sind nicht in eine Armee Seri gelaufen”œ, fuhr sie fort. Doch dann sah sie die Trauer, die sich in mein Gesicht geschlichen haben musste.
”Es war nicht deine Schuld. Wir waren einfach zu spät dort und Stered hat versucht, was er konnte, damit der Händler überlebt.”œ
Meine Augen fanden die ihren. Ein leises Flehen stand darin geschrieben und ich bemühte mich die Sorgenfalten und die Traurigkeit aus meinem Gesicht zu wischen. Sie mochte nicht daran erinnert werden.
Doch, was immer ich versuchte um nicht länger an diesen Abend vor drei Tagen zu denken, es gelang mir nur selten. Wir waren einer Armee Seri auf dem Weg nach Kuridan entkommen. Nun wollten wir uns nach Mentoran durchschlagen, erst durch Salz und dann durch Sand, immer unter der erbarmungslosen Sonne. Aber noch etwas Anderes beunruhigte mich, wenn die Seri in Nawor waren, gen Kuridan zogen, wie lange würde es dauern, bis sie versuchen würden Konlir anzugreifen, wenn sie damit nicht schon längst begonnen hatten?
Ein seltsames Gefühl hatte mich seit dem ich nach dem Schiffbruch erwacht war beschlichen. Ausgelöst hatte es dieser seltsame, immer und immer wiederkehrende, sich jedoch langsam verändernde Traum. Eine Ahnung, in gewisser Weise eine Hoffnung, dass Jala nicht mehr bei unseren Großeltern, ja nicht einmal mehr in Konlir war.
Stered hob die aus Roben bestehende Plane unseres Unterschlupfs und Sirajarte ließ meine Hand fahren. Mühsam erhob ich mich, meine Glieder schmerzten, als wäre ich in der Nacht einfach weitergelaufen. Eilig entwirrten wir die Roben, zogen sie an um wenigstens ein wenig vor unfreundlichen Augen verborgen zu sein. Dann schlangen wir unser Frühstück herunter und setzten unseren Weg gen Westen fort. Im Osten kündete ein blutroter Himmel von den Schrecknissen der gleichen Nacht, fern in meiner Heimat und die Sorgen, wie die Trauer, welche in Stereds Gesicht geschrieben stand, war bald auch auf unseren zu sehen.
Sirajarta lief wie immer an der Spitze, ich übernahm die Nachhut. Stered murmelte seltsame Dinge in seinen Bart. Wovon er sprach verstanden wir beide nicht, entweder war es zu leise, ergab keinen erkennbaren Sinn oder war in einer fremden Sprache.
Die Sonne war weit über den Himmel gezogen. Unser Marsch hatte sich verlangsamt, da das Salz des Bodens hier zerklüfteter und von Wasserlöchern durchzogen war. Die Oberfläche glänzte schmutzig weiß und das Wasser selbst schien ungenießbar zu sein, dickflüssig und zäh wie es war. Der Tag zog sich endlos hin und die Augen schmerzten. Schloss man sie, sah man weiße Sterne vor den Augen tanzen und beständig flossen Tränen aus ihnen hervor. Keiner von uns war noch in der Lage wirklich deutlich zu sehen, selbst die Konturen in unmittelbarer Nähe verwischten, mischten sich mit dem Hintergrund. Am Abend, als die Sonne sich im Westen neigte und das blendende Weiß sich verdunkelte, ließen die Schmerzen nach, das Tränen hörte auf und wir sahen in der Ferne, nur knapp einen Tagesmarsch voraus die aufragenden Gipfel eines Gebirges. Sirajarta hielt an und alle drei beschlossen wir die Nacht hindurch zu wandern. Der Anblick der Berge hatte uns neue Kraft und neuen Mut gegeben. Wir kamen schneller vorwärts und brauchten weniger Pausen. Unter dem klaren Himmel im hellen Schein des Mondes und der Sterne, näherten wir uns den Bergen.
Das Wasser in den zahlreicheren Löchern im Boden wurde klarer, dünner, blieb jedoch salzig und somit ungenießbar, doch wir spürten, dass wir dieses furchtbare Land bald hinter uns gelassen hätten.
Hoch standen die Berge vor uns, als im Osten die Sonne erneut aufging und eine spärliche gelbgrüne Fläche breitete sich zu ihren Füssen aus. Dann sahen wir sie. Schwarze Säulen aus Rauch, vereinzelt, an den ersten Hängen des Gebirges. Die Dörfer des Bergvorlandes brannten.
Alle Müdigkeit war verflogen. Wachsam schlichen wir zuerst geduckt, dann aufrechter an den Hügeln vorbei, versteckt hinter den spärlichen Sträuchern, hin zu den ersten sieben oder acht, sich vom Himmel abhebenden dunklen Säulen. Der Wind, welcher die Berge hinabwehte, blies sie landeinwärts. Wie lange schwarze Kratzer auf einer glatten, feinen, blauen Haut wirkten sie im Gesicht des Himmels. Der Gestank, welchen der Wind mit sich trug war beinahe unerträglich. Eilig banden wir uns einige, in den Wasserlöchern befeuchtete Tücher vor die Nasen, welche den üblen Geruch dämpfen sollten. Doch selbst diese waren bald durchdrungen.
So betraten wir das erste Dorf, gewarnt vor dem, was wir zu sehen bekämen, voller Angst dieser schrecklichen Wahrheit ins Gesicht sehen zu müssen. Immer noch brennende Häuser, auf geschwärztem Boden trieben die Rauchsäulen in den Himmel. Zertrampelte oder verbrannte Felder und Gärten vor und um die Gebäude. Langsam gingen wir vorwärts, hin zur Mitte des Ortes. Der Gestank wurde nun vom Summen einer Vielzahl hässlicher, fetter Fliegen begleitet, er wurde unerträglich und nur mit Mühe gelang es uns das Aufbegehren unserer Mägen zu kontrollieren. Sirajarta stieß einen spitzen Schrei aus, kaum das wir den Marktplatz des Ortes erreicht hatten. Ich wusste, seitdem wir diesen schrecklichen Wald in Lardikia durchquert hatten, dass der Tod viele Gesichter besaß, doch hier zeigte er uns seine Fratzen und schnitt uns Grimassen. Die Angst verzerrten und von Schmerzen entstellten Gesichter der Männer und Frauen, Mädchen und Jungen verrieten uns, welche Qualen sie erlitten haben mussten und, dass sie all dies Torturen bei vollem Bewußtsein durchlebten.
Wir gingen weiter, den Blick auf den Boden oder zum Himmel gewandt, als wir plötzlich eine klare Stimme vernahmen.
”Heiltränke, Waffen, Schilde, Pergamente, Duftstoffe”œ
An einer Ecke des Marktes stand ein Mann. Wir sahen uns an und ich spürte ein Brennen in meinem Magen.
”Heiltränke, Waffen, Schilde, Pergamente, Duftstoffe. Allesamt zu günstigen Preisen. Für jeden Geldbeutel etwas. Kauft Leute, kauft. Na, die Herrschaften, darf ich Ihnen meine erlesenen Waren feilbieten?”œ
Ich sah in die kältesten Augen, die ich je geschaut. Das Brennen wurde zu einem Würgen. Ich übergab mich. Neben all diesen Zerfetzten, Verstümmelten, Zerrissenen, Gehäuteten, Verbrannten, Vergifteten, Verätzten, stand ein Mann und bot uns seine Waren an. Ich wand mich ab, ließ mich an einer nahen Hausmauer nieder und sah, dass es Sirajarta nicht besser erging. Bleicher und schmaler als zuvor, sank sie neben mir zu Boden. Ihr Körper zuckte und aus ihren tiefen, schwarzen Augen schossen Tränen, ihr Schluchzen ging in Würgelaute über. Ich konnte nicht zu sehen. Ich schloss meine Augen und kämpfte gegen den Hass in mir.
”Sonderrabatte für alle Neuankömmlinge, kauft solange ihr könnt!”œ
Stered ging auf den Mann zu, grüßte ihn freundlich und erwarb drei Wasserschläuche. Dann sprach er eine zeitlang mit dem Händler. Ich konnte nicht verstehen, was sie zu bereden hatten. Sirajartas Würgen übertönte die gedämpften Stimmen. Ich suchte mit meiner Hand nach ihrem Körper und als ich ihn fand, tastete ich mich langsam zu einer Schultern empor. Das Würgen schwand, es blieb nur noch das Schluchzen und irgendwie vertrieb dies den schrecklichen Gestank. Ich nahm nichts sonst mehr wahr, nur sie. Eine Bewegung an meinem Arm sagte mir, dass sie sich wieder aufgerichtet hatte. Weiches Haar streifte meine Wange, als sie ihren Kopf auf meine Schulter legte. Ich spürte ihren zitternden Körper. Ihre Wut war greifbar und ihre Abscheu, aber auch ihre Dankbarkeit. Da bemerkte ich diese auch in mir. Ich war froh, dass ich nicht allein war, ich war froh, dass nicht nur Stered bei mir war. Ich sah nicht wieder in die Mitte des Marktes als ich aufstand. Ich nahm ihre Hand und wir gingen ohne uns umzusehen aus dem Dorf hinaus. Stered hatte mir kurz zugenickt, er hatte verstanden, dass dies zu viel für uns war. Am Westrand des Dorfes war der Gestank verschwunden, der Duft einiger weniger Blumen stieg uns in die Nase und so ließen wir uns an einem der Bäume nieder. Ich sah in die Ferne, hin zu den Bergen. Hinter diesen lag ein Land, das gefährlicher war als dieses. Ein Land, in dem es sicher keine solch geschändeten Orte gab, denn, aus diesem Land stammten jene, die dieses Dorf verwüstet hatten.
Die Zeit verging langsam, ein Schmetterling flog über die Wiese, einige Vögel zwitscherten. Ich konnte weder das eine, noch das andere genießen. Obwohl ich müde war, gelang es mir nicht die Augen zu schließen, denn dann stand ich wieder in diesem Dorf, sah wieder die Leichen und all das wollte ich nicht noch einmal sehen.
Nach einer Weile kam Stered zu uns an den Baum. Er gab Sirajarta und mir je einen Wasserschlauch. Beide tranken wir das, trotz der Hitze, kalte Wasser. Als jedoch der Händler wieder seine Stimme erhob, sahen wir den alten Mann vor uns flehend an.
”Ja, wir gehen besser weiter.”œ
Viele Stunden wanderten wir noch an diesem Tag. Als wollten Sirajarta und ich vor irgendetwas davonlaufen, kämpften wir gegen die Müdigkeit an. Stered sagte nichts, doch, er führte uns um die übrigen unheilvollen Orte herum. Nicht eines der noch brennenden Dörfer betraten wir. Der Alte ließ nicht einmal zu, dass wir auch nur dem Geruch dieser Orte zu nahe kamen. Erst als wir die felsigen Vorboten des Gebirges erreicht hatten, ließen wir uns nieder. Schweigend bereitete Stered das Abendmahl. Schweigen aßen wir es. Dann legte Sirajarta ihren Kopf in meinen Schoß und ich strich ihr durch das schwarze, nun zerzauste Haar.
”Wer war dieser Händler?”œ fragte ich den alten Mann.
”Noruk Larujat.”œ
”Und, kam er erst ”¦”œ wollte ich wissen, doch war ich nicht in der Lage das Gesehene in Worte zu fassen.
”Nein, er war dabei.”œ
”Wie ”¦?”œ doch Stered unterbrach mich.
”Er ist ein Natla. Sie kämpfen nicht und sind allen Wesen wohl gesonnen.”œ
”Er hat das alles mit angesehen? Er hat zugesehen und nichts dagegen getan?”œ
”Natla mischen sich nicht in die Streitigkeiten der Wesen dieser Welt ein. Sie haben es irgendwie geschafft sich aus diesen zu lösen und sind nur noch handelndes Volk und man zahlt bei diesem und bei diesem mit Gold.”œ
Mir wurde erneut übel. Ich konnte und ich wollte nicht glauben, was Stered da erzählte. Eine Rasse, der es egal war, wenn sie dabei zusahen, wie Menschen geschlachtet wurden, ja, der es so egal war, dass sie nebenbei noch Handel trieb. Wieder spürte ich dieses Brennen und nur mit viel Mühe konnte ich dagegen ankämpfen.
”Ruh dich aus Junge, der Morgen kommt schneller als du denkst und der Abend auch. Wir werden erst morgen Abend weitergehen, erholt euch und vergesst, was ihr gesehen.”œ
”šVergessen?”™ dachte ich bei mir ”šnie im Leben werde ich diese Bilder los.”™
Ich schloss die Augen und hörte, wie Stered seltsame Worte murmelte, dann sank ich in einen traumlosen Schlaf.
Das Mädchen erreichte das Tal. Sie hatte das Gefühl, als würde ihre Lunge gleich bersten und ihr Herz vor Anstrengung platzen, doch sie rannte, nach einem kurzen Augenblick des Luftholens, weiter. Sie sprang über Tote und Verwundete. Zwei Soldaten, die sie sahen und ihr rufen hörten, folgten ihr, hin zu einer Traube der Angreifer. In der Mitte focht und schlug, hackte und riss der junge Mann, der ihr als Kommandeur angekündigt worden war. Von Zeit zu Zeit hob er seine Armbrust und schoss einem der angreifenden Seri in den Kopf, ins Herz oder aber in die Gliedmaßen. Das unheimliche Geräusch brechender oder splitternder Knochen erfüllte die Luft. Die Seri schrieen nicht, wenn sie getroffen wurden, weder durch einen Schlag, noch durch einen Bolzen. Sie starben oder kämpften. Mehrere blutig - zuckende Hände griffen nach Jalas Beinen oder versuchten mit kleinen Messern, Stacheln oder einfach ihren Nägeln die Haut des Mädchens zu verletzen. Die beiden Soldaten stürmten an Jala vorbei und hackten sich einen Weg zu ihrem Kommandeur. Kaum das sie ihn erreicht hatten, traf ihn einer der Serumgeister mit der Längsseite seines Säbels. Der junge Mann taumelte nach hinten, stolperte über einen der Toten und verlor das Gleichgewicht. Er stürzte und Jala schrie. Der Serumgeist sprang über ihn und hob seine grünlich leuchtende Klinge. Seine Haut riss es von seinem Körper, sein Fleisch verbrannte und nur geschwärzte Knochen blieben übrig. Die übrigen Seri wanden sich um. Sie griffen nun, als hätten sie den Kommandeur vergessen alle gleichzeitig Jala und ihre zwei Gefährten an. Doch Feuerball um Feuerball raste von den Händen des Mädchens in die fahlhäutigen Angreifer und ihre Zahl schwand rasch. Die beiden Soldaten hatten ihren Hauptmann erreicht und ihm aufgeholfen. Doch Jala bedurfte keiner Hilfe mehr. Sie war umgeben von einem blauen Licht und orangerot flackernd rasten Feuerpfeile, Feuerbälle, flammende Lanzen und Flammenwände von ihr geworfen auf die restlichen Seri zu. Der Kommandeur rief sie und sie folgte ihm. Er brachte sie aus dem Schlachtgetümmel, ihre Augen loderten, doch in ihr Gesicht war die Erschöpfung gezeichnet. Kaum, dass der Lärm der Schlacht leiser wurde, sie eine kleine Baumgruppe erreicht hatten, verlosch die Aura, welche sie umgeben hatte und ihre Beine versagten ihr den Dienst. Gerade rechtzeitig umfasste der junge Mann ihre Hüfte, sonst wäre sie gestürzt. Er befahl den beiden Soldaten bei ihr zu bleiben und kehrte selbst auf das Schlachtfeld zurück.
Jala blieb sitzen, schloss die Augen und schlief beinahe sofort ein. All ihre Energie war verbraucht, sie hatte sich nie zuvor so erschöpft gefühlt, doch ein Gedanke begleitete sie in den Schlaf. ”šWie hab ich das gemacht?”™
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vnv_nation am 27. Sep 2005, 18:08, insgesamt 1-mal geändert.