Der Lügenonlo
- Ellias Sonnenglut
- Wächter des Vulkans
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Der Lügenonlo
Prolog
Brennend stand die Sonne an jenem Morgen im Zenit, an dem meine Geschichte beginnt und doch erreichten nur wenige ihrer goldgelben Strahlen - abgeschirmt durch das dichte Blätterdach - den von zahllosen Kräutern und Farnen überwucherten Waldboden. Fast schon ausgestorben lag das riesige Forstgebiet von Anatubien da. Dort wo die Blätterschicht besonders dicht war - und das war sie zu dieser Zeit vielerorts - starrte einem zumeist nur ein grimmig dreinblickendes Augenpaar aus der Finsternis entgegen und selbst wenn sich einmal eine Sprungechse zu weit herauswagte und keck aus dem Unterholz hervorsprang, so war sie doch bereits wenige Augenblicke später schon wieder im nächsten Dickicht untergetaucht und erneut legte sich der Mantel des Schweigens über den gigantischen Hain.
Es war ein beklemmende Stille, nur untersetzt durch das leise Säuseln des Windes, der zwischen den hochgewachsenen Eichen, Kiefern und Buchen seine Runden zog. Aufgeschreckt durch ein lautes Rascheln vom Ende eines kleinen Waldweges, stoben einige junge Silberfüchse in alle Richtungen davon und machten einer buckligen Gestalt Platz, die kurze Zeit später aus dem Buschwerk hervortrat. Das lange, schüttere Haar ungepflegt in alle Richtungen abstehend und durch zahlreiche Blätter und Blüten durchsetzt, lehnte sein gebückter Leib an einem, auf halber Höhe abgebrochenen Baumstamm und die Finger seiner linken Hand nestelten nervös an einem kleinen Bündel zu seinen Füßen. Er hatte einen großen Rucksack geschultert und dort, wo ursprünglich wohl einmal seine rechte Hand gesessen hatte, verbarg ein etwas unbeholfen aufgetragener Verband aus Mullbinden die Überreste seiner verstümmelten Hand. Schnaufend kam der Fremde zum Stehen und hockte sich, vom langen Marsch müde geworden, ins kniehohe Gras.
Durch die plötzlich aufgetretene Geräuschkulisse neugierig geworden, tänzelte die schmale Silhouette einer Gelbkatze leichtfüßig von Ast zu Ast, bis sie schlussendlich direkt über dem Unbekannten kauerte und ihm mit ihren großen, rotglühenden Augen entgegenstarrte. Erst nach einer Weile bemerkte der Fremde den stillen Beobachter über sich und blickte zu dem zierlichen Geschöpf auf. ”Storonka!”œ, stieß er aus und ein Lächeln umspielte seine Lippen. ”Lang”™ nicht gesehen. Wie geht”™s dir?”œ Die Katze gab nur ein sonores Brummen von sich und ließ entspannt eine Pfote vom Ast herunterbaumeln. Der Fremde lachte. ”Immer noch ganz die Alte, was?”œ
Wie aus dem Nichts tauchte sich die Gegend in ebenjenem Moment in ein gleißend helles Licht und ließ den Fremden die Augen zusammenkneifen. Erst nach einer ganzen Weile des regungslosen Harrens, wagte er, sie wieder zu öffnen und dort, wo sich eben noch die kleine Gelbkatze im matten Sonnenlicht gerekelt hatte, hockte nun ein junges Mädchen, dem Aussehen nach allerhöchstens 15, vielleicht auch schon 16 Jahre alt. Fröhlich kichernd warf sie das lange, schwarze Haar in den Nacken und entblößte kurz ein längliches, oben spitz zusammenlaufendes Ohrenpaar. ”Der gute, alte Tasch Dior.”œ, erwiderte sie grinsend, ”Wie lang ist es her? 10 Jahre? Oder gar 20? Was hast du getrieben, in all den Jahren, alter Knabe?”œ Sie lachte und entblößte dabei eine Reihe tadellos weiß Zähne. ”Auf einmal warst du fort, wir hatten ja nicht einmal Gelegenheit uns zu verabschieden.”œ
Tasch kramte eine abgegriffene, hölzerne Pfeife aus seinem Beutel hervor, steckte sie sich mit zittrigen Fingern an und nahm hastig den ersten Zug. ”Fünf Jahre. Es waren auf den Tag genau fünf Jahre, Storonka. Ja, ich ging fort damals. Man trug mir auf, einen jungen, unerfahrenen Onlo auf seiner Reise zu begleiten. Du erinnerst dich vielleicht noch an ihn. Wir nannten ihn nur... den Lügenonlo.”œ Storonka schrak auf und konnte sich nur noch im letzten Augenblick an ihren knorrigen Ast klammern, um nicht zu Boden zu stürzen. ”Der Lügenonlo?”œ, fragte sie mit zittriger Stimme. ”Aber... Aber, wieso? Er war ein Scharlatan, ein Hochstapler, ein Niemand, von der eigenen Rasse verstoßen und verhasst...”œ Mit einem Räuspern brachte Tasch sie zum schweigen und unterbrach sie in ihrem Redeschwall: ”Falsch! Gerüchte! Es waren Gerüchte, absichtlich im Volke verbreitet, um seine und damit auch meine Mission zu verheimlichen.”œ ”Mission, Mission”œ, äffte ihn Storonka nach, ”Ich höre immer nur Mission, du bist doch nicht Domes Najb!”œ Tasch lächelte milde. ”Nein, das nicht. Unsere Mission war anders... Und sie endete schlussendlich wohl blutiger, als die Schlacht der Wesen selbst. Nun denn, spitz deine Elfenöhrchen und ich will dir erzählen, was sich zugetragen hat, auf unserer Reise. Alles nahm seinen Lauf, an jenem verregneten Sommertag vor fünf Jahren, als...”œ
Brennend stand die Sonne an jenem Morgen im Zenit, an dem meine Geschichte beginnt und doch erreichten nur wenige ihrer goldgelben Strahlen - abgeschirmt durch das dichte Blätterdach - den von zahllosen Kräutern und Farnen überwucherten Waldboden. Fast schon ausgestorben lag das riesige Forstgebiet von Anatubien da. Dort wo die Blätterschicht besonders dicht war - und das war sie zu dieser Zeit vielerorts - starrte einem zumeist nur ein grimmig dreinblickendes Augenpaar aus der Finsternis entgegen und selbst wenn sich einmal eine Sprungechse zu weit herauswagte und keck aus dem Unterholz hervorsprang, so war sie doch bereits wenige Augenblicke später schon wieder im nächsten Dickicht untergetaucht und erneut legte sich der Mantel des Schweigens über den gigantischen Hain.
Es war ein beklemmende Stille, nur untersetzt durch das leise Säuseln des Windes, der zwischen den hochgewachsenen Eichen, Kiefern und Buchen seine Runden zog. Aufgeschreckt durch ein lautes Rascheln vom Ende eines kleinen Waldweges, stoben einige junge Silberfüchse in alle Richtungen davon und machten einer buckligen Gestalt Platz, die kurze Zeit später aus dem Buschwerk hervortrat. Das lange, schüttere Haar ungepflegt in alle Richtungen abstehend und durch zahlreiche Blätter und Blüten durchsetzt, lehnte sein gebückter Leib an einem, auf halber Höhe abgebrochenen Baumstamm und die Finger seiner linken Hand nestelten nervös an einem kleinen Bündel zu seinen Füßen. Er hatte einen großen Rucksack geschultert und dort, wo ursprünglich wohl einmal seine rechte Hand gesessen hatte, verbarg ein etwas unbeholfen aufgetragener Verband aus Mullbinden die Überreste seiner verstümmelten Hand. Schnaufend kam der Fremde zum Stehen und hockte sich, vom langen Marsch müde geworden, ins kniehohe Gras.
Durch die plötzlich aufgetretene Geräuschkulisse neugierig geworden, tänzelte die schmale Silhouette einer Gelbkatze leichtfüßig von Ast zu Ast, bis sie schlussendlich direkt über dem Unbekannten kauerte und ihm mit ihren großen, rotglühenden Augen entgegenstarrte. Erst nach einer Weile bemerkte der Fremde den stillen Beobachter über sich und blickte zu dem zierlichen Geschöpf auf. ”Storonka!”œ, stieß er aus und ein Lächeln umspielte seine Lippen. ”Lang”™ nicht gesehen. Wie geht”™s dir?”œ Die Katze gab nur ein sonores Brummen von sich und ließ entspannt eine Pfote vom Ast herunterbaumeln. Der Fremde lachte. ”Immer noch ganz die Alte, was?”œ
Wie aus dem Nichts tauchte sich die Gegend in ebenjenem Moment in ein gleißend helles Licht und ließ den Fremden die Augen zusammenkneifen. Erst nach einer ganzen Weile des regungslosen Harrens, wagte er, sie wieder zu öffnen und dort, wo sich eben noch die kleine Gelbkatze im matten Sonnenlicht gerekelt hatte, hockte nun ein junges Mädchen, dem Aussehen nach allerhöchstens 15, vielleicht auch schon 16 Jahre alt. Fröhlich kichernd warf sie das lange, schwarze Haar in den Nacken und entblößte kurz ein längliches, oben spitz zusammenlaufendes Ohrenpaar. ”Der gute, alte Tasch Dior.”œ, erwiderte sie grinsend, ”Wie lang ist es her? 10 Jahre? Oder gar 20? Was hast du getrieben, in all den Jahren, alter Knabe?”œ Sie lachte und entblößte dabei eine Reihe tadellos weiß Zähne. ”Auf einmal warst du fort, wir hatten ja nicht einmal Gelegenheit uns zu verabschieden.”œ
Tasch kramte eine abgegriffene, hölzerne Pfeife aus seinem Beutel hervor, steckte sie sich mit zittrigen Fingern an und nahm hastig den ersten Zug. ”Fünf Jahre. Es waren auf den Tag genau fünf Jahre, Storonka. Ja, ich ging fort damals. Man trug mir auf, einen jungen, unerfahrenen Onlo auf seiner Reise zu begleiten. Du erinnerst dich vielleicht noch an ihn. Wir nannten ihn nur... den Lügenonlo.”œ Storonka schrak auf und konnte sich nur noch im letzten Augenblick an ihren knorrigen Ast klammern, um nicht zu Boden zu stürzen. ”Der Lügenonlo?”œ, fragte sie mit zittriger Stimme. ”Aber... Aber, wieso? Er war ein Scharlatan, ein Hochstapler, ein Niemand, von der eigenen Rasse verstoßen und verhasst...”œ Mit einem Räuspern brachte Tasch sie zum schweigen und unterbrach sie in ihrem Redeschwall: ”Falsch! Gerüchte! Es waren Gerüchte, absichtlich im Volke verbreitet, um seine und damit auch meine Mission zu verheimlichen.”œ ”Mission, Mission”œ, äffte ihn Storonka nach, ”Ich höre immer nur Mission, du bist doch nicht Domes Najb!”œ Tasch lächelte milde. ”Nein, das nicht. Unsere Mission war anders... Und sie endete schlussendlich wohl blutiger, als die Schlacht der Wesen selbst. Nun denn, spitz deine Elfenöhrchen und ich will dir erzählen, was sich zugetragen hat, auf unserer Reise. Alles nahm seinen Lauf, an jenem verregneten Sommertag vor fünf Jahren, als...”œ
Zuletzt geändert von Ellias Sonnenglut am 12. Okt 2006, 20:36, insgesamt 1-mal geändert.
~~ Der Sinn des Lebens besteht darin, die einem ureigenen Fehler noch zu perfektionieren. ~~
- Ellias Sonnenglut
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Kommentar
Ähnlich wie Stoa, erlaube ich mir an dieser einen, besonderen Stelle einmal einen Doppelpost um Kommentar und Geschichte deutlich voneinander zu trennen und mir den Platz direkt im Anschluss der Geschichte zu wahren.
Nun, im Zuge der von mir verschlafenen Siegerehrung des Wettbewerbs ”Legendäre Waffen”œ habe ich es bereits angedroht und hier ist sie nun, die Geschichte des Lügenonlos. Da diese Geschichte aber eine durchaus beachtliche Länge ausmacht, habe ich mich einmal für die Unterteilung in mehrere Kapitel oder besser gesagt, Sinnabschnitte entschieden, die ich Stück für Stück nachreichen werde, sobald ich wieder einmal Zeit und Muße finde, ein weiteres Erlebnis des Lügenonlos niederzuschreiben. Der Prolog ist hierbei jedoch noch recht kurz gehalten und soll nur einen leichten Vorgeschmack auf das schon bald Nachfolgende geben. Zudem hat er den positiven Nebeneffekt, dass ich mich dann nicht mehr vor der Fortsetzung drücken kann und will.
Zum Prolog an sich gibt es zunächst nicht viel zu erwähnen, dem ein oder anderen wird beim Umstellen der Buchstaben des Namen ”Domes Najb”œ (Wobei sich das ganze wohl eher Domez Najib lesen würde) eventuell ein Licht aufgehen, wer allerdings nicht dahinter kommt, den sollte das im Verständnis der Handlung dennoch nicht sonderlich einschränken. Ansonsten sei an dieser Stelle nochmals ausdrücklich erwähnt, dass es sich beim alten Tasch keineswegs um den Lügenonlo selbst handelt, was sich aber in nachfolgenden Kapiteln ohnehin noch zur Genüge herauskristallisieren wird.
Soviel dazu, über konstruktive Kritik, Verbesserungsvorschläge und Anregungen sowie Fragen jedweder Art freue ich mich natürlich immer.
Ell
Nun, im Zuge der von mir verschlafenen Siegerehrung des Wettbewerbs ”Legendäre Waffen”œ habe ich es bereits angedroht und hier ist sie nun, die Geschichte des Lügenonlos. Da diese Geschichte aber eine durchaus beachtliche Länge ausmacht, habe ich mich einmal für die Unterteilung in mehrere Kapitel oder besser gesagt, Sinnabschnitte entschieden, die ich Stück für Stück nachreichen werde, sobald ich wieder einmal Zeit und Muße finde, ein weiteres Erlebnis des Lügenonlos niederzuschreiben. Der Prolog ist hierbei jedoch noch recht kurz gehalten und soll nur einen leichten Vorgeschmack auf das schon bald Nachfolgende geben. Zudem hat er den positiven Nebeneffekt, dass ich mich dann nicht mehr vor der Fortsetzung drücken kann und will.

Zum Prolog an sich gibt es zunächst nicht viel zu erwähnen, dem ein oder anderen wird beim Umstellen der Buchstaben des Namen ”Domes Najb”œ (Wobei sich das ganze wohl eher Domez Najib lesen würde) eventuell ein Licht aufgehen, wer allerdings nicht dahinter kommt, den sollte das im Verständnis der Handlung dennoch nicht sonderlich einschränken. Ansonsten sei an dieser Stelle nochmals ausdrücklich erwähnt, dass es sich beim alten Tasch keineswegs um den Lügenonlo selbst handelt, was sich aber in nachfolgenden Kapiteln ohnehin noch zur Genüge herauskristallisieren wird.
Soviel dazu, über konstruktive Kritik, Verbesserungsvorschläge und Anregungen sowie Fragen jedweder Art freue ich mich natürlich immer.
Ell
~~ Der Sinn des Lebens besteht darin, die einem ureigenen Fehler noch zu perfektionieren. ~~
- Valaary
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- Wohnort: Zwichenwelt - gleich links von der Auffangstelle irrer Buraner
Einen Ratschlag vorweg, man MUSS nicht immer in fünfzig Wörtern erklären, wie sich jemand die Schnürrsenkel zubindet;)
Der Anfang macht auf jedenfall schon Lust auf mehr. Dieser Lügenonlo scheint ja ein ganz interessanter zu sein. Storonka hat es mir sofort angetan, ich hoffe, ich seh sie noch mal...?
Zu dem Namen, ich hatte gestern genug Rätsel für die nächten Wochen...aber die Buchstaben verrücken sich von ganz allein. Mal sehen, ob irgendwann etwas sinnvolles bei raus kommt^^
Der Anfang macht auf jedenfall schon Lust auf mehr. Dieser Lügenonlo scheint ja ein ganz interessanter zu sein. Storonka hat es mir sofort angetan, ich hoffe, ich seh sie noch mal...?
Zu dem Namen, ich hatte gestern genug Rätsel für die nächten Wochen...aber die Buchstaben verrücken sich von ganz allein. Mal sehen, ob irgendwann etwas sinnvolles bei raus kommt^^
- Ellias Sonnenglut
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- Registriert: 25. Mär 2006, 19:35
Akt 1
Gekonnt schwang sich Farah über das mit kunstvollen Verzierungen übersähte Geländer der hölzernen Wendeltreppe und zog dabei einen transluzent schimmernden Sandschleier hinter sich durch die Luft, der sich beim Aufprall auf den harten Dielenboden zu einer großen Staubwolke verdichtete und anschließend explosionsartig in alle Richtungen davon stob. Seit nunmehr ganzen zwei Wochen war sie hier in Anatubien und dennoch beäugten die Onlos die Taruna immer noch mit einem Hauch von Misstrauen und daran sollte sich auch an jenem Morgen nichts ändern.
Nach kurzem Zögern setzte sich Farah wieder in Bewegung und trat ruhigen Schrittes auf das Ende der großen Frühstückstafel zu, vollführte eine elegante Drehung und nahm mit einem leichten Knicks bei Tische Platz. Hastig rutschen die anwesenden Onlos enger beisammen und ein aufgeregtes Raunen ging durch die Menge. Farah seufzte nur und angelte nach einer besonders großen Strandkrabbe, die auf einem nahegelegenen Tablett lag. Routiniert packte sie die beiden Scheren mit Daumen und Zeigefinger und riss sie mit einem raschen Ruck vom Rest des Körpers. Normalerweise war die Schere einer Strandkrabbe hart genug, selbst Metall in Stücke zu reißen, doch wenn man wusste wie, ließen sie sich problemlos entfernen.
Mit einem leisen Zischlaut hakte Farah”™s Kiefer aus - eine äußerst seltene, aber nicht minder gefährliche Gabe der Taruner - und schnellte ruckartig in das zarte Fleisch. Das Tier noch halb am Leben, stieß einen letzten, verzweifelten Schmerzensschrei aus, bevor sein Kopf leblos zu Boden sank und mit leerem Blick zur Decke hinaufstarrte. Plötzlich war es wieder so still wie zuvor und die versammelten Onlos starrten die Taruna aus verständnislosen Augen heraus an. Farah zuckte nur entschuldigend mit den Schultern und riss das nächste Stück Fleisch heraus. Sie verstand nicht, wie man sich in Zeiten wie diesen selbst beim Essen noch so genieren konnte. Fressen oder gefressen werden. Das war das Gesetz der Wüste.
Dieser Ort war anders als Mentoran, das wusste sie und doch fiel es ihr schwer, ebenjenes zu akzeptieren. Obgleich es seltsam klingen mochte, so verspürte Farah doch Heimweh nach dem Sandwind der Wüste, dem klaren Wasser der Oase und dem weiten Blick hinunter von den höchsten Dünen. Doch auch Farah wusste, dass der Krieg der Wesen ihrer Rückkehr im Wege stand. Würde sie jetzt zurückkehren, so wäre sie dem Tode geweiht und...
Der markerschütternde Schrei eines Aschenvogels riss Farah aus ihren Gedanken und ließ sie einmal mehr den bitteren Vorgeschmack der Wahrheit kosten. Sie war nicht in Mentoran oder in Kerdis. Sie war nicht in den Salzwüsten Orewus oder an den Stränden Lardikias. Sie war in Anatubien. Rasch schlang sie einen letzten Bissen Fleisch herunter, leerte ihren Humpen voll Met und erhob sich dann, abermals verbunden mit einer eleganten Körperdrehung und schlug hastig den Weg Richtung Ausgang ein. Keine Minute länger als nötig, würde sie hier verweilen, unter all jenen naturvernarrten Tölpeln und Nichtskönnern, soviel war sicher.
Vor dem Ausgang - einer runden Tür, die in ein Astloch gelassen war, denn der Raum befand sich im hohlen Innern eines riesigen Baumes, der von außen betrachtet fast in die Wolken zu ragen schien - lehnte ein hochgewachsener Fremder, die Hutkrempe tief ins Gesicht gezogen. Wenngleich Farah nicht zu sagen vermochte wieso, so jagte ihr die Erscheinung des Unbekannten auf eine ganz und gar absurde Art und Weise dennoch unbeschreibliche Angst ein. Sie hatte ihn bereits beim Essen bemerkt, doch nun, wo sie nur wenige Schritte von ihm trennten, wirkte er viel bedrohlicher, größer, ja fast schon monströs. Farah schauderte.
Zitternd vor Angst trat sie auf dem Absatz von einem Fuß auf den anderen und stand kurz davor wieder umzukehren. Wer war dieser Fremde und vor allem was wollte er? Während ihr noch Fragen über Fragen durch den Kopf schossen, hob der mysteriöse Fremde plötzlich den Kopf und starrte aus blutroten Augen zu ihr hinüber. Farah wollte schreien, doch kein Laut verließ ihre Lippen. Wie elektrisiert stand sie da und starrte zu dem Unbekannten hinüber. Er bot ein grauenhaftes Bild. Das Gesicht zerfurcht, von unmenschlich großen Narben durchzogen und mancherorts gar faulig oder durch einen Wangenknochen durchstochen, entblößte er eine Reihe schiefer, gelblicher Zähne. Der Gestank von Fäulnis und Verderben lag in der Luft und stieg Farah beißend in die Nase. Farah wusste binnen eines Augenblicks, wen oder besser was sie da vor sich hatte, auch wenn das ihre Lage nicht wirklich besserte. Wie in drei Teufels Namen hatte es ein Serum hierher, in das Herz Anatubiens geschafft? Außer Farah selbst, waren nur einige Onlos und Angehörige des Bündnisses im Lager zugegen, wie konnte es also sein, dass ein so offensichtlich als Serum-Geist auszumachendes Wesen ungehindert durch die Stadt wandelte?
Noch ehe Farah Gelegenheit hatte, weiter darüber nachzudenken, erschallte in weiter Ferne das Läuten der Alarmglocke und eine raue Stimme zerriss die morgendliche Stille: ”Alarm! Alarm! Ein Eindringling im Lager!”œ Just in diesem Moment sprang der Fremde auf, nestelte kurz an seinem Gürtel herum und holte dann eine handliche Armbrust hervor. Farahs Atem erstarrte. Ihre Ohren vernahmen nur noch ein monotones Knacken - den Ladevorgang - dann machte sie ohne groß nachzudenken, auf dem Absatz kehrt und stürmte wieder auf die Wendeltreppe zu. Wer immer dieser Fremde seien mochte, er war gefährlich und er war hinter ihr her, das wusste Farah. Mit keuchendem Atem sprang sie mit ungewohnter Grazie erneut über das hölzerne Geländer, die schweren Schritte ihres Verfolgers im Nacken.
Plötzlich verstummte jedwedes Geräusch, jeder noch so leise Ton. Dann ein leises Klicken, ein anschließendes Sirren und Farah warf sich mit einem reflexartigen Ruck zur Seite. Zitternd blieb der eisenbeschlagene Armbrustbolzen nur einige Schritt von ihr entfernt in der hölzernen Außenwand des Raumes stecken. Ein hastiger Blick zur Seite, ließ deutlich werden, dass der Unbekannte seine Waffe bereits nachlud und so hastete Farah die breiten Stufen hoch, so schnell sie ihre Beine trugen. Farah stürmte durch die Tür in den ersten Stock, dicht gefolgt von dem Fremden, warf rasch einen Blick nach links und rechts und rannte ohne groß darüber nachzudenken auf das riesige Glasfenster am anderen Ende des Raumes zu. Hinter ihr kam der Fremde keuchend zum Stehen und erneut vernahm sie ein leises Klicken: Ein zweiter Bolzen schoss durch die Luft. Im Bruchteil ein Sekunde warf sich Farah nach vorn und Glas klirrte, als sie in ihrem Hechtsprung durch die Scheibe brach und nur knapp vom zweiten Bolzen verfehlt in die Tiefe stürzte.
Doch das Glück schien ihr hold, denn ein gleich unter dem Fenster liegendes Baldachin, das einen kleinen Marktstand überspannte, fing ihren Sturz ab, riss jedoch augenblicklich unter dem ungewohntem Gewicht ein und ließ sie unsanft zu Boden knallen. Den stechenden Schmerz ignorierend, warf sie sich zur Seite, rappelte sich wieder auf und stürmte, den verdutzt dreinblickenden Standinhaber nicht eines Blickes würdigend, über den menschenleeren Campus weiter. Farah vernahm noch das wütende Fluchen des Händlers, als ihr der Fremde hinterher sprang und ebenfalls durch das kunstvolle Baldachin brach, dann wurde sie sich erst ihrer ausweglosen Situation bewusst. Zu jener frühen Morgenstunde, waren noch nicht viele Wesen auf dem großen Marktplatz unterwegs und die meisten Läden hatten noch geschlossen und so würde es ein leichtes sein, sie hier aufzuspüren, soviel war sicher.
Just in diesem Moment packte sie eine behaarte Hand aus dem Halbdunkel einer schmalen Gasse am Arm und zog sie zu sich. Ehe Farah es sich versah, fand sie sich in einer schmalen, stickigen Gasse wieder, die haarige Pranke aus dem Dunkel mit ungeahnter Kraft auf ihre Lippen gepresst, die mittlerweile rau wie Sandpapier hervorstachen. Hätte sie gekonnt, am liebsten hätte Farah geschrieen, so laut sie konnte. Geschrieen aus Wut, aus Wut und Verzweiflung. Was zum Henker hatte sie verbrochen, dass sie die Sandgötter von einer Katastrophe in die nächsten schlittern ließen?
Da grunzte aus der Finsternis eine raue Stimme: ”Hier runter!”œ und die behaarte Hand zerrte sie in einen seitlich gelegenen Kellerschacht. Für einen Moment meinte Farah, ein Grünbaumaffe hätte sie gefangen, da erhellte bereits das gleißend helle Licht einer Fackel den Raum und die schwere Falltür über ihnen fiel krachend ins Schloss. ”Schnell! Hier sind wir nicht sicher!”œ, grunzte die Stimme erneut und nun erkannte Farah auch, wer der Unbekannte aus dem Halbdunkel war. Vor ihr stand ein Zwerg, der ihr allenfalls bis zur Brust reichte. Sein roter, buschiger Bart behing wohlgepflegt seine Brust und verdeckte große Teile seines runzligen Gesichtes. Ein schlichter Eisenhelm saß schräg auf dem Kopf des Winzlings und an seinem breiten Gürtel hing außer zahlreichen Phiolen, Tränken und Täschchen eine große, im Sonnenlicht blitzende Axt.
”Aber... Aber...”œ , stammelte Farah, wurde jedoch ruppig durch den unbekannten Zwerg unterbrochen. ”Später. Es bleibt keine Zeit für lange Diskussionen!”œ Er stemmte seinen muskulösen Körper gegen ein großes Bierfass an der Kellerwand und wies ihr, es ihm gleichzutun. Zögernd trat sie neben den Zwerg und drückte ebenfalls gegen das schwere Fass und siehe da: Das riesige Fass rutsche ein Stück zur Seite und gab einen dahinterliegenden, dunklen Gang frei. ”Mir nach.”œ, raunte der Zwerg, schnappte sich ein loses Fackelholz von der Wand und eilte hastigen Schrittes in die Dunkelheit. Obgleich sie nicht wusste, wer der Fremde war, schien es ihr doch allemal sicherer, in seiner Nähe zu bleiben, als diesem wildgewordenen Serum in die Arme zu laufen und so eilte sie ihm rasch hinterher.
Kaum war Farah eingetreten, da presste sie der stämmige Arm des Zwerges bereits an die feuchte Tunnelwand. ”Keinen Mucks!”œ, brummte der Unbekannte und riss einen losen Fackelhalter aus der Wand heraus, der sich als versteckter Schalter entpuppte. Farah sah nur noch wie sich das riesige Bierfass wieder vor den Eingang schob und ein kalter Schauer überkam sie. Sollte sie sich doch in dem Fremden getäuscht haben und war das letzten Endes gar eine furchtbare Falle? Ihr Kopf schien zu explodieren und tausende Fragen quälten sie, während sie mit rasendem Herzen an die Wand gepresst dastand und in die Finsternis lauschte. Da tat es auf einmal einen lauten Rumms und Schritte waren aus dem Kellergewölbe zu hören, in dem die Beiden eben noch verweilt hatten.
”Ich weiß, dass ihr hier seid. Kommt heraus. Zeigt euch. Das Serum braucht neue Opfer.”œ, schnarrte eine schneidende Stimme von nebenan und ließ Farah ängstlich zusammenfahren. Neben ihr brummelte der Zwerg einige unverständliche Worte und zerrte sie dann den Gang hinunter. ”Schnell. Ich bringe euch zu Brigosch, er wird euch sicher weiterhelfen können.”œ, murmelte der Fremde. ”Brigosch? Weiterhelfen? Aber ... Aber wobei?”œ, stotterte Farah. ”Wobei?”œ, lachte der Zwerg leise, ”Wobei, fragt ihr? Teuerste, ich weiß nicht wer ihr seid, aber wenn einem der weltgrößte Kopfgeldjäger im Nacken sitzt, dann ist Hilfe doch sicher angebracht, nicht wahr?”œ ”Kopfgeldjäger?”œ, hakte Farah verwirrt nach und bog um die Ecke des Tunnels. ”Kopfgeldjäger, ja. Byrik Doniak. Der neunte Tod.”œ, brummte der Zwerg und wies mit einem Kopfnicken hinter sich, ”Es ist nicht viel über ihn bekannt, nur die wenigsten Wesen überstehen eine Begegnung mit diesem Monstrum lebend.”œ Ruckartig blieb der Zwerg vor einer schweren Tür aus Eichenholz stehen und riss sie mit einer solchen Kraft auf, dass man hätte meinen können, er hätte sie aus den Angeln herausreißen wollen. ”Nach euch.”œ
Nach kurzem Zögern setzte sich Farah wieder in Bewegung und trat ruhigen Schrittes auf das Ende der großen Frühstückstafel zu, vollführte eine elegante Drehung und nahm mit einem leichten Knicks bei Tische Platz. Hastig rutschen die anwesenden Onlos enger beisammen und ein aufgeregtes Raunen ging durch die Menge. Farah seufzte nur und angelte nach einer besonders großen Strandkrabbe, die auf einem nahegelegenen Tablett lag. Routiniert packte sie die beiden Scheren mit Daumen und Zeigefinger und riss sie mit einem raschen Ruck vom Rest des Körpers. Normalerweise war die Schere einer Strandkrabbe hart genug, selbst Metall in Stücke zu reißen, doch wenn man wusste wie, ließen sie sich problemlos entfernen.
Mit einem leisen Zischlaut hakte Farah”™s Kiefer aus - eine äußerst seltene, aber nicht minder gefährliche Gabe der Taruner - und schnellte ruckartig in das zarte Fleisch. Das Tier noch halb am Leben, stieß einen letzten, verzweifelten Schmerzensschrei aus, bevor sein Kopf leblos zu Boden sank und mit leerem Blick zur Decke hinaufstarrte. Plötzlich war es wieder so still wie zuvor und die versammelten Onlos starrten die Taruna aus verständnislosen Augen heraus an. Farah zuckte nur entschuldigend mit den Schultern und riss das nächste Stück Fleisch heraus. Sie verstand nicht, wie man sich in Zeiten wie diesen selbst beim Essen noch so genieren konnte. Fressen oder gefressen werden. Das war das Gesetz der Wüste.
Dieser Ort war anders als Mentoran, das wusste sie und doch fiel es ihr schwer, ebenjenes zu akzeptieren. Obgleich es seltsam klingen mochte, so verspürte Farah doch Heimweh nach dem Sandwind der Wüste, dem klaren Wasser der Oase und dem weiten Blick hinunter von den höchsten Dünen. Doch auch Farah wusste, dass der Krieg der Wesen ihrer Rückkehr im Wege stand. Würde sie jetzt zurückkehren, so wäre sie dem Tode geweiht und...
Der markerschütternde Schrei eines Aschenvogels riss Farah aus ihren Gedanken und ließ sie einmal mehr den bitteren Vorgeschmack der Wahrheit kosten. Sie war nicht in Mentoran oder in Kerdis. Sie war nicht in den Salzwüsten Orewus oder an den Stränden Lardikias. Sie war in Anatubien. Rasch schlang sie einen letzten Bissen Fleisch herunter, leerte ihren Humpen voll Met und erhob sich dann, abermals verbunden mit einer eleganten Körperdrehung und schlug hastig den Weg Richtung Ausgang ein. Keine Minute länger als nötig, würde sie hier verweilen, unter all jenen naturvernarrten Tölpeln und Nichtskönnern, soviel war sicher.
Vor dem Ausgang - einer runden Tür, die in ein Astloch gelassen war, denn der Raum befand sich im hohlen Innern eines riesigen Baumes, der von außen betrachtet fast in die Wolken zu ragen schien - lehnte ein hochgewachsener Fremder, die Hutkrempe tief ins Gesicht gezogen. Wenngleich Farah nicht zu sagen vermochte wieso, so jagte ihr die Erscheinung des Unbekannten auf eine ganz und gar absurde Art und Weise dennoch unbeschreibliche Angst ein. Sie hatte ihn bereits beim Essen bemerkt, doch nun, wo sie nur wenige Schritte von ihm trennten, wirkte er viel bedrohlicher, größer, ja fast schon monströs. Farah schauderte.
Zitternd vor Angst trat sie auf dem Absatz von einem Fuß auf den anderen und stand kurz davor wieder umzukehren. Wer war dieser Fremde und vor allem was wollte er? Während ihr noch Fragen über Fragen durch den Kopf schossen, hob der mysteriöse Fremde plötzlich den Kopf und starrte aus blutroten Augen zu ihr hinüber. Farah wollte schreien, doch kein Laut verließ ihre Lippen. Wie elektrisiert stand sie da und starrte zu dem Unbekannten hinüber. Er bot ein grauenhaftes Bild. Das Gesicht zerfurcht, von unmenschlich großen Narben durchzogen und mancherorts gar faulig oder durch einen Wangenknochen durchstochen, entblößte er eine Reihe schiefer, gelblicher Zähne. Der Gestank von Fäulnis und Verderben lag in der Luft und stieg Farah beißend in die Nase. Farah wusste binnen eines Augenblicks, wen oder besser was sie da vor sich hatte, auch wenn das ihre Lage nicht wirklich besserte. Wie in drei Teufels Namen hatte es ein Serum hierher, in das Herz Anatubiens geschafft? Außer Farah selbst, waren nur einige Onlos und Angehörige des Bündnisses im Lager zugegen, wie konnte es also sein, dass ein so offensichtlich als Serum-Geist auszumachendes Wesen ungehindert durch die Stadt wandelte?
Noch ehe Farah Gelegenheit hatte, weiter darüber nachzudenken, erschallte in weiter Ferne das Läuten der Alarmglocke und eine raue Stimme zerriss die morgendliche Stille: ”Alarm! Alarm! Ein Eindringling im Lager!”œ Just in diesem Moment sprang der Fremde auf, nestelte kurz an seinem Gürtel herum und holte dann eine handliche Armbrust hervor. Farahs Atem erstarrte. Ihre Ohren vernahmen nur noch ein monotones Knacken - den Ladevorgang - dann machte sie ohne groß nachzudenken, auf dem Absatz kehrt und stürmte wieder auf die Wendeltreppe zu. Wer immer dieser Fremde seien mochte, er war gefährlich und er war hinter ihr her, das wusste Farah. Mit keuchendem Atem sprang sie mit ungewohnter Grazie erneut über das hölzerne Geländer, die schweren Schritte ihres Verfolgers im Nacken.
Plötzlich verstummte jedwedes Geräusch, jeder noch so leise Ton. Dann ein leises Klicken, ein anschließendes Sirren und Farah warf sich mit einem reflexartigen Ruck zur Seite. Zitternd blieb der eisenbeschlagene Armbrustbolzen nur einige Schritt von ihr entfernt in der hölzernen Außenwand des Raumes stecken. Ein hastiger Blick zur Seite, ließ deutlich werden, dass der Unbekannte seine Waffe bereits nachlud und so hastete Farah die breiten Stufen hoch, so schnell sie ihre Beine trugen. Farah stürmte durch die Tür in den ersten Stock, dicht gefolgt von dem Fremden, warf rasch einen Blick nach links und rechts und rannte ohne groß darüber nachzudenken auf das riesige Glasfenster am anderen Ende des Raumes zu. Hinter ihr kam der Fremde keuchend zum Stehen und erneut vernahm sie ein leises Klicken: Ein zweiter Bolzen schoss durch die Luft. Im Bruchteil ein Sekunde warf sich Farah nach vorn und Glas klirrte, als sie in ihrem Hechtsprung durch die Scheibe brach und nur knapp vom zweiten Bolzen verfehlt in die Tiefe stürzte.
Doch das Glück schien ihr hold, denn ein gleich unter dem Fenster liegendes Baldachin, das einen kleinen Marktstand überspannte, fing ihren Sturz ab, riss jedoch augenblicklich unter dem ungewohntem Gewicht ein und ließ sie unsanft zu Boden knallen. Den stechenden Schmerz ignorierend, warf sie sich zur Seite, rappelte sich wieder auf und stürmte, den verdutzt dreinblickenden Standinhaber nicht eines Blickes würdigend, über den menschenleeren Campus weiter. Farah vernahm noch das wütende Fluchen des Händlers, als ihr der Fremde hinterher sprang und ebenfalls durch das kunstvolle Baldachin brach, dann wurde sie sich erst ihrer ausweglosen Situation bewusst. Zu jener frühen Morgenstunde, waren noch nicht viele Wesen auf dem großen Marktplatz unterwegs und die meisten Läden hatten noch geschlossen und so würde es ein leichtes sein, sie hier aufzuspüren, soviel war sicher.
Just in diesem Moment packte sie eine behaarte Hand aus dem Halbdunkel einer schmalen Gasse am Arm und zog sie zu sich. Ehe Farah es sich versah, fand sie sich in einer schmalen, stickigen Gasse wieder, die haarige Pranke aus dem Dunkel mit ungeahnter Kraft auf ihre Lippen gepresst, die mittlerweile rau wie Sandpapier hervorstachen. Hätte sie gekonnt, am liebsten hätte Farah geschrieen, so laut sie konnte. Geschrieen aus Wut, aus Wut und Verzweiflung. Was zum Henker hatte sie verbrochen, dass sie die Sandgötter von einer Katastrophe in die nächsten schlittern ließen?
Da grunzte aus der Finsternis eine raue Stimme: ”Hier runter!”œ und die behaarte Hand zerrte sie in einen seitlich gelegenen Kellerschacht. Für einen Moment meinte Farah, ein Grünbaumaffe hätte sie gefangen, da erhellte bereits das gleißend helle Licht einer Fackel den Raum und die schwere Falltür über ihnen fiel krachend ins Schloss. ”Schnell! Hier sind wir nicht sicher!”œ, grunzte die Stimme erneut und nun erkannte Farah auch, wer der Unbekannte aus dem Halbdunkel war. Vor ihr stand ein Zwerg, der ihr allenfalls bis zur Brust reichte. Sein roter, buschiger Bart behing wohlgepflegt seine Brust und verdeckte große Teile seines runzligen Gesichtes. Ein schlichter Eisenhelm saß schräg auf dem Kopf des Winzlings und an seinem breiten Gürtel hing außer zahlreichen Phiolen, Tränken und Täschchen eine große, im Sonnenlicht blitzende Axt.
”Aber... Aber...”œ , stammelte Farah, wurde jedoch ruppig durch den unbekannten Zwerg unterbrochen. ”Später. Es bleibt keine Zeit für lange Diskussionen!”œ Er stemmte seinen muskulösen Körper gegen ein großes Bierfass an der Kellerwand und wies ihr, es ihm gleichzutun. Zögernd trat sie neben den Zwerg und drückte ebenfalls gegen das schwere Fass und siehe da: Das riesige Fass rutsche ein Stück zur Seite und gab einen dahinterliegenden, dunklen Gang frei. ”Mir nach.”œ, raunte der Zwerg, schnappte sich ein loses Fackelholz von der Wand und eilte hastigen Schrittes in die Dunkelheit. Obgleich sie nicht wusste, wer der Fremde war, schien es ihr doch allemal sicherer, in seiner Nähe zu bleiben, als diesem wildgewordenen Serum in die Arme zu laufen und so eilte sie ihm rasch hinterher.
Kaum war Farah eingetreten, da presste sie der stämmige Arm des Zwerges bereits an die feuchte Tunnelwand. ”Keinen Mucks!”œ, brummte der Unbekannte und riss einen losen Fackelhalter aus der Wand heraus, der sich als versteckter Schalter entpuppte. Farah sah nur noch wie sich das riesige Bierfass wieder vor den Eingang schob und ein kalter Schauer überkam sie. Sollte sie sich doch in dem Fremden getäuscht haben und war das letzten Endes gar eine furchtbare Falle? Ihr Kopf schien zu explodieren und tausende Fragen quälten sie, während sie mit rasendem Herzen an die Wand gepresst dastand und in die Finsternis lauschte. Da tat es auf einmal einen lauten Rumms und Schritte waren aus dem Kellergewölbe zu hören, in dem die Beiden eben noch verweilt hatten.
”Ich weiß, dass ihr hier seid. Kommt heraus. Zeigt euch. Das Serum braucht neue Opfer.”œ, schnarrte eine schneidende Stimme von nebenan und ließ Farah ängstlich zusammenfahren. Neben ihr brummelte der Zwerg einige unverständliche Worte und zerrte sie dann den Gang hinunter. ”Schnell. Ich bringe euch zu Brigosch, er wird euch sicher weiterhelfen können.”œ, murmelte der Fremde. ”Brigosch? Weiterhelfen? Aber ... Aber wobei?”œ, stotterte Farah. ”Wobei?”œ, lachte der Zwerg leise, ”Wobei, fragt ihr? Teuerste, ich weiß nicht wer ihr seid, aber wenn einem der weltgrößte Kopfgeldjäger im Nacken sitzt, dann ist Hilfe doch sicher angebracht, nicht wahr?”œ ”Kopfgeldjäger?”œ, hakte Farah verwirrt nach und bog um die Ecke des Tunnels. ”Kopfgeldjäger, ja. Byrik Doniak. Der neunte Tod.”œ, brummte der Zwerg und wies mit einem Kopfnicken hinter sich, ”Es ist nicht viel über ihn bekannt, nur die wenigsten Wesen überstehen eine Begegnung mit diesem Monstrum lebend.”œ Ruckartig blieb der Zwerg vor einer schweren Tür aus Eichenholz stehen und riss sie mit einer solchen Kraft auf, dass man hätte meinen können, er hätte sie aus den Angeln herausreißen wollen. ”Nach euch.”œ
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- Ellias Sonnenglut
- Wächter des Vulkans
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Auch diesmal ein kurzer Kommentar meinerseits direkt im Anschluss. Besonderheiten in dem Sinne gibt es diesmal eigentlich keine, ich hab mich diesmal bemüht, das Lesen etwas flüssiger zu gestalten, was mir meiner Meinung nach jedoch spätestens am Ende etwas missglückt ist. Nebenher findet sich an mancher Stelle auch eine kleine Ergänzung die Welt von Freewar (in Ermangelung eines Namens dieser Welt, einmal so genannt) beschreibend. Dabei ist der Großteil natürlich schlicht meiner Fantasie entsprungen, ich denke aber, alles ist nachvollziehbar, falls Unklarheiten aufkommen sollten, immer fragen.
Einige mag vielleicht auch der plötzliche Sprung zu einer anderen Hauptfigur irritiert haben oder die Tatsache, dass der Lügenonlo in diesem Part noch nicht auftritt, es sei an dieser Stelle jedoch schon soviel verraten, dass die Geschichte auf mehreren Handlungssträngen aufbaut, die erst im Verlauf der Geschichte zusammen finden.
Viel mehr gibt es dazu dann auch nicht zu sagen, über Kritik (allerdings nur konstruktive) und Anregungen allerlei Art (Ja Val, auf deinen Wunsch hin werde ich Storonka noch eine Rolle zukommen lassen) freue ich mich natürlich auch weiterhin.
Ellias
PS: Falls es sich in nächster Zeit mit weiteren Kapitelveröffentlichungen etwas hinzieht, sehe man mir das nach, ich hab im Moment etwas viel um die Ohren, unschwer daran zu merken, dass ich die letzten tage verstärkt an der Börse anzutreffen bin.

Viel mehr gibt es dazu dann auch nicht zu sagen, über Kritik (allerdings nur konstruktive) und Anregungen allerlei Art (Ja Val, auf deinen Wunsch hin werde ich Storonka noch eine Rolle zukommen lassen) freue ich mich natürlich auch weiterhin.
Ellias
PS: Falls es sich in nächster Zeit mit weiteren Kapitelveröffentlichungen etwas hinzieht, sehe man mir das nach, ich hab im Moment etwas viel um die Ohren, unschwer daran zu merken, dass ich die letzten tage verstärkt an der Börse anzutreffen bin.
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Gefällt mir recht gut. Die Ausarbeitung der Onlo-Stadt *grinst* Wo liegt die, die muss ich mir unbedingt mal ansehen...
Ein paar Dinge noch: Das der Marktplatz Menschenleer ist, ist in der Onlostadt ja wohl selbst am Markttag nicht besonders verwunderlich, oder? *g*
Und dann noch das hier: Gib mir einen Tipp, wie man Domes Najb umstellen muss! Biiiiiittäää! Ich hab schon alles mögliche versucht, aber ich komm einfach nicht darauf...
Ein paar Dinge noch: Das der Marktplatz Menschenleer ist, ist in der Onlostadt ja wohl selbst am Markttag nicht besonders verwunderlich, oder? *g*
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- Ellias Sonnenglut
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Wo die Stadt liegt? Na ja, im Zentrum von Anatubien halt *g* Am Rande des Vulkankraters. Damals war der Vulkan noch inaktiv und von Wald und Dschungel überwuchert, irgendwas gab es dann einen Vulkanausbruch und die schöne Stadt ward dem Erdboden gleichgemacht. Reicht dir das? 
Nun, wo dus sagst... Hast Recht, hat ne gewisse Logik, muss ich bei Gelegenheit abändern. Allerdings wird ja auch erwähnt, dass sich außer den Onlos nur Angehörige des Bündnisses (also auch Menschen) in der Stadt befinden. Am besten wird”™s wohl sein, ich ersetze es durch wesensleer, auch wenn”™s irgendwie komisch klingt. Na mal schauen, vielleicht fällt mir ja noch was hübsches ein.
Zu Domes Najb werde ich keine großartigen Tipps geben, so schwer ist es schließlich nicht und dafür ist die Freude beim Stoßen auf die richtige Lösung dann umso größer. Nur soviel, es bleiben zwei Worte mit gleicher Buchstabenanzahl, nur die Buchstaben selbst wechseln, allerdings nur wortübergreifend. Und falls dus nun weißt... Pssst
Auf jeden Fall recht herzlichen Dank für die Kritik oder Anregung oder wie auch immer dus nennen willst, Estron
Ell

Nun, wo dus sagst... Hast Recht, hat ne gewisse Logik, muss ich bei Gelegenheit abändern. Allerdings wird ja auch erwähnt, dass sich außer den Onlos nur Angehörige des Bündnisses (also auch Menschen) in der Stadt befinden. Am besten wird”™s wohl sein, ich ersetze es durch wesensleer, auch wenn”™s irgendwie komisch klingt. Na mal schauen, vielleicht fällt mir ja noch was hübsches ein.
Zu Domes Najb werde ich keine großartigen Tipps geben, so schwer ist es schließlich nicht und dafür ist die Freude beim Stoßen auf die richtige Lösung dann umso größer. Nur soviel, es bleiben zwei Worte mit gleicher Buchstabenanzahl, nur die Buchstaben selbst wechseln, allerdings nur wortübergreifend. Und falls dus nun weißt... Pssst

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