Schattenlilie
Verfasst: 27. Jun 2008, 23:02
Schattenlilie
- Es neigte sich ein warmer Tag zu Ende, an dem die Welt zu müde und träg zum Lärmen schien, und nur die Nacht erhoffte Kühle bringen konnte, als das Mädchen in stiller Ehrfurcht das arkane Schimmern um eine langstieligen Blume betrachtete. Sie hatte vorher lang darüber nachgedacht was es heißt, die Kräfte um sich zu nutzen, wie es ein jeder tut, oder zu verändern, wie es nur wenige können.
Ohne die Zwänge ihrer Umwelt und mit aller Zeit die sie gebraucht hatte um ruhig, ohne Vorbehalt, ein Zeichen, eine Antwort zu sehen, hatte sie ihre Gedanken scheinbar ziellos, jedoch mit dem sanftem Streben zu einer lichten Stelle ihres Geistes schweifen lassen. Teilnahmslos ist ihr Blick über die majestätische Lilie geglitten die, in ihren Fingern kleine Kreise drehend, mehr und mehr dem Leben entrann und bald die Spuren des Verfalls gezeigt hätte. Ihre Augen waren noch völlig auf die weiße Blüte fixiert, da gerieten ihre Finger ins Stocken als sich ein anderes Weiß ihren Augen auftat und wo so oft Wirrnis und Durcheinander herrscht, ist ihr ein klarer Gedanke erschienen, ein Bild, eine Aura die ihr Trost als auch Stärke spendetet und schließlich die Antwort gab, die den Trotz in ihr brach und ihr half, sich für das Licht zu öffnen, das sie sonst mit allerlei Täuschungen zu unterdrücken suchte.
Danach begann es um sie herum zu klingen. Mit der seltsamen Gewissheit, dass kein anderer, sollte er vorbei kommen, die leisen, melodischen Töne klirrender Eiszapfen höre konnte erkannte das Mädchen, dass es gut war, was sie in diesem Augenblick tat und fühlte sich durch die musische Antwort sicherer denn je, wenn sie sich in dieses unbekannte Gebiet wagte.
Sie ist sich der Blume, die sie fortwährend ansah, bewusst geworden, als sich dem guten Gefühl, auf eine Quelle des Wissens zu stoßen, der Wunsch, es zu nutzen hinzufügte. Ihr Gesicht mag der Ausdruck des Staunens beherrscht haben als sie, mit der Geduld der Weisen, der Liebe zu dem ihres offenbarten Bild, und der Macht ihrer selbst das Licht in das Wunder der Natur in ihren Händen fließen ließ. Doch war sie konzentrierter denn je und, obwohl sie es fühlte, was geschah, es wusste, musste ein Teil in ihr gegen die Angst ankämpfen die versuchte, ihren Verstand zurück zu erobern.
Dann war es geschehen. Ihre Finger zitterten leicht, doch das Licht, dass sie in sich gefunden hatte war nun in dem Abbild einer Lilie gebannt und ließ ein völlig neues Sein entstehen.
Das Mädchen zog erschrocken die Luft ein und die Blume fiel ihr aus den Händen. Es klirrte, als sie auf den Boden aufkam und die erschrockene Zauberin starrte auf die kleinen, blutigen Schnitte in ihren Fingern, dann zurück zu der Blume. Sie war ergraut. Das Grün gewichen und das Weiß erblasst. Eben so war das magische Licht erloschen und im Schein der Abenddämmerung funkelte die Blume auf merkwürdig, durchsichtige Art. Sie war aus Glas. Aus rauchigem, grauem Glas und scharfkantig, als wäre sie mehrfach zersprungen.
Das Mädchen bückte sich und hob, ungeachtet der gefährlichen Blüte, die Lilie auf und stellte fest, dass sie durch den Fall nicht im Geringsten beschädigt wurde.
Das Tageslicht verschwand gänzlich, als die Zauberin der Blume ihren neuen Namen gab und sich fortan nicht mehr an ihrem eigenen Werke schaden holen sollte.