Gesundheitsreform und die Zukunft unserer Versorgung
Verfasst: 5. Jan 2008, 20:42
Zuallererst einmal, dies ist ein ernstes Thema. Ich möchte nicht sagen, dass ich persönlich betroffen sei, aber ich habe "Insider-Informationen".
Die Regierung plant leider die Ausrottung der Allgemeinärzte. Klingt sehr hart, ist aber leider politische Tatsache. In MekPom laufen bereits Pilotprojekte, in denen die allgemeine Versorgung der ländlicheren Bevölkerung nicht mehr durch Ärzte durchgeführt werden soll. Man muss sich das, zwar etwas vereinfacht, aber doch zutreffend, so vorstellen, dass man anstatt von einem Arzt von einer Krankenschwester behandelt wird. Gegebenenfalls soll dann ein Arzt aus einem "Versorgungszentrum" konsultiert werden, den man dann aufsuchen darf (Wortlaut: "40 km sind ja wohl zumutbar").
Man kann sich sicherlich vorstellen, das dies doch einen wirklich eingreifenden negativen Einfluss auf die gesundheitliche Versorgung der nicht-Stadt-Bevölkerung hat.
Dies ist aber nur ein Beispiel. Wie kommt es nun dazu. Politisch gesehen sollen die Allgemeinärzte vernichtet werden. Und dass auf eine möglichst dezente Art und Weise, sie sollen aussterben. In meiner direkten Umgebung (Franken) ist es bereits so, dass der Alterschnitt der Landärzte 57-61 Jahre ist, und dass eine Vielzahl nicht plant, bis 65 zu arbeiten, zumindest nicht unter diesen Bedingungen. Ein junger Allgemeinmediziner kann sich derzeit ohne Anstrengungen eine Stelle unter 50 Angeboten aussuchen, und die wenigsten entscheiden sich fürs Land. Ohne Nachfolger bleibt den Ärzten nichts übrig als ihr Praxen zu schließen. Wenn man ein bischen mehr Einblick hat, versteht man man dann auch, warum die Ärzte nicht planen, bis 65 zu arbeiten. Landärzte machen sog. Notdienste. Dabei muss jeder Arzt in seinem Kreis mal ran. Dies beinhaltet Nachtschichten und weiterer Spaß, den man sich gar nicht vorstellen mag. Je mehr Ärzte ein Kreis hat, desto seltener ist man dran. Man kann sich also an 2 Händen abzählen, was passiert, wenn eine Praxis nach der anderen dicht macht...
Bereits jetzt ist es so, dass eine große Gemeinschaftspraxis nur von 2007 auf 2008 mit einer Gewinneinbuße von 15-33% zu rechnen hat, nur aufgrund der letzten Gesundheitsreform. Man muss es leider so sagen, aber unsere Politiker sind diesbezüglich äußerst unfähig. Es fehlt der Einblick, der Weitblick aber auch jegliches geschichtliches Wissen.
Statt den Verwaltungsapparat der Krankenversicherungen anzugehen, oder endlich mal die Anzahl der Krankenkassen (über 300...) zu reduzieren, werden Gesetze veranlasst und genehmigt, die erlauben, dass ein Zustand erreicht wird, der in der Nachkriegszeits bereits vorherrschte und mit äußersten Kosten behoben wurde. Damals wurde Ärzte von den Gemeinden aufs Land gelockt, mit horrenden Summen und Boni (bis hin zu Grundstücksschenkungen). Aber nein, wir wollen ja eine schlechteren Patient/Ärzte Schnitt und weitere Strecken, gell? Ist doch sicher auch euer sehnlichster Wunsch, erst mal 1 Stunde zum Arzt fahren zu müssen, oder ne halbe Stunde auf einen Notarzt warten zu müssen...
Zur Gesundheitsreform.
In den letzten Jahren wurden diverse Abrechnungssysteme eingeführt, die immer die gleiche Wirkung hatten: weniger Geld für die Ärzte.
Es ist nicht so, dass weniger gearbeitet wird, aber wenn man im Abrechnungssystem nur noch eine Nummer ist, beziehungsweise nicht mehr jede Leistung abgebucht werden kann, da man ja schon 2x in diesem Quartal da war, dann ist das schlecht. Aber vielleicht noch akzeptabel. Wenn der Arzt aber 20% seiner Zeit nur damit verbringt, alles in neue Systeme umzumodeln, oder zu Fortbildungen muss, die einem nach 18 Stunden erlauben, eine weitere Zusatzfrage in einem Fragebogen zu stellen, dann wirds seltsam.
Seit diesem Jahr ists aber noch lustiger... Die Krankenkassen haben die Pauschalisierung eingeführt. Also ein Festsatz pro Patient, egal wie oft er kommt, egal was er hat, egal wie lange der Arzt braucht, um ihn zu behandeln.
Es gibt da noch einige andere lustige Sachen, die aber zu sehr ins Detail gehen würden.
Fakt ist aber, dass wir an einem Scheideweg stehen. Ich persönlich habe einen Hausarzt. Einem Arzt, dem ich vertraue und zu dem ich mit Problemen gehen kann. Jemand der mich mich nicht wie eine Nummer nach 5 min. wieder aus dem Raum wirft, damit der nächste Patient seine Chance bekommt. Im Geschäftsleben nennt man dass dann vielleicht kundenorientiertes Verhalten, oder moderne Kundenbetreuung. Gerade aber die soll nun abgeschafft werden. Nur noch die Anzahl zählt.
Fragt sich nun, wie die Zunkunft wohl aussieht. Werden die Ärzte nun nur noch die reicheren behandeln (Motto: bar auf die Kralle) oder andere Privatpazienten?
Werde ich nun 1 Stunde zum Arzt fahren müssen? Oder mich per telefonischer Ferndiagnose von einer gestressten Krankenschwester zusammenflicken lassen?
(Die armen hab ich ganz außen vor gelassen, im Krankenhaus möcht ich eh nicht sein...)
Das ganze ist, als ob man den Klassensprecher statt dem Lehrer in der Schule den Unterricht halten lassen würde...aber natürlich zusätzlich zu seiner Zeit in der Schule.
Dies sollte hier als informierender Artikel angesehen werden. Fragt doch einfach mal nach, wenn ihr mir nicht glaubt. Beschäftigt euch mal mit dem Thema und denk darüber nach, ob das alles in eurem Interesse ist.
P.S. Warum sich die Ärzte nicht wehren? Weils ihnen verboten wurde... Auf Organisation (nocht mal Aufruf) eines Streiks steht die Gefängnisstrafe (meiner Meinung nach gesetgzeswiedrig, bin aber auch kein Jurist...).
Vielen Dank für eure Zeit. Redet drüber.
Die Regierung plant leider die Ausrottung der Allgemeinärzte. Klingt sehr hart, ist aber leider politische Tatsache. In MekPom laufen bereits Pilotprojekte, in denen die allgemeine Versorgung der ländlicheren Bevölkerung nicht mehr durch Ärzte durchgeführt werden soll. Man muss sich das, zwar etwas vereinfacht, aber doch zutreffend, so vorstellen, dass man anstatt von einem Arzt von einer Krankenschwester behandelt wird. Gegebenenfalls soll dann ein Arzt aus einem "Versorgungszentrum" konsultiert werden, den man dann aufsuchen darf (Wortlaut: "40 km sind ja wohl zumutbar").
Man kann sich sicherlich vorstellen, das dies doch einen wirklich eingreifenden negativen Einfluss auf die gesundheitliche Versorgung der nicht-Stadt-Bevölkerung hat.
Dies ist aber nur ein Beispiel. Wie kommt es nun dazu. Politisch gesehen sollen die Allgemeinärzte vernichtet werden. Und dass auf eine möglichst dezente Art und Weise, sie sollen aussterben. In meiner direkten Umgebung (Franken) ist es bereits so, dass der Alterschnitt der Landärzte 57-61 Jahre ist, und dass eine Vielzahl nicht plant, bis 65 zu arbeiten, zumindest nicht unter diesen Bedingungen. Ein junger Allgemeinmediziner kann sich derzeit ohne Anstrengungen eine Stelle unter 50 Angeboten aussuchen, und die wenigsten entscheiden sich fürs Land. Ohne Nachfolger bleibt den Ärzten nichts übrig als ihr Praxen zu schließen. Wenn man ein bischen mehr Einblick hat, versteht man man dann auch, warum die Ärzte nicht planen, bis 65 zu arbeiten. Landärzte machen sog. Notdienste. Dabei muss jeder Arzt in seinem Kreis mal ran. Dies beinhaltet Nachtschichten und weiterer Spaß, den man sich gar nicht vorstellen mag. Je mehr Ärzte ein Kreis hat, desto seltener ist man dran. Man kann sich also an 2 Händen abzählen, was passiert, wenn eine Praxis nach der anderen dicht macht...
Bereits jetzt ist es so, dass eine große Gemeinschaftspraxis nur von 2007 auf 2008 mit einer Gewinneinbuße von 15-33% zu rechnen hat, nur aufgrund der letzten Gesundheitsreform. Man muss es leider so sagen, aber unsere Politiker sind diesbezüglich äußerst unfähig. Es fehlt der Einblick, der Weitblick aber auch jegliches geschichtliches Wissen.
Statt den Verwaltungsapparat der Krankenversicherungen anzugehen, oder endlich mal die Anzahl der Krankenkassen (über 300...) zu reduzieren, werden Gesetze veranlasst und genehmigt, die erlauben, dass ein Zustand erreicht wird, der in der Nachkriegszeits bereits vorherrschte und mit äußersten Kosten behoben wurde. Damals wurde Ärzte von den Gemeinden aufs Land gelockt, mit horrenden Summen und Boni (bis hin zu Grundstücksschenkungen). Aber nein, wir wollen ja eine schlechteren Patient/Ärzte Schnitt und weitere Strecken, gell? Ist doch sicher auch euer sehnlichster Wunsch, erst mal 1 Stunde zum Arzt fahren zu müssen, oder ne halbe Stunde auf einen Notarzt warten zu müssen...
Zur Gesundheitsreform.
In den letzten Jahren wurden diverse Abrechnungssysteme eingeführt, die immer die gleiche Wirkung hatten: weniger Geld für die Ärzte.
Es ist nicht so, dass weniger gearbeitet wird, aber wenn man im Abrechnungssystem nur noch eine Nummer ist, beziehungsweise nicht mehr jede Leistung abgebucht werden kann, da man ja schon 2x in diesem Quartal da war, dann ist das schlecht. Aber vielleicht noch akzeptabel. Wenn der Arzt aber 20% seiner Zeit nur damit verbringt, alles in neue Systeme umzumodeln, oder zu Fortbildungen muss, die einem nach 18 Stunden erlauben, eine weitere Zusatzfrage in einem Fragebogen zu stellen, dann wirds seltsam.
Seit diesem Jahr ists aber noch lustiger... Die Krankenkassen haben die Pauschalisierung eingeführt. Also ein Festsatz pro Patient, egal wie oft er kommt, egal was er hat, egal wie lange der Arzt braucht, um ihn zu behandeln.
Es gibt da noch einige andere lustige Sachen, die aber zu sehr ins Detail gehen würden.
Fakt ist aber, dass wir an einem Scheideweg stehen. Ich persönlich habe einen Hausarzt. Einem Arzt, dem ich vertraue und zu dem ich mit Problemen gehen kann. Jemand der mich mich nicht wie eine Nummer nach 5 min. wieder aus dem Raum wirft, damit der nächste Patient seine Chance bekommt. Im Geschäftsleben nennt man dass dann vielleicht kundenorientiertes Verhalten, oder moderne Kundenbetreuung. Gerade aber die soll nun abgeschafft werden. Nur noch die Anzahl zählt.
Fragt sich nun, wie die Zunkunft wohl aussieht. Werden die Ärzte nun nur noch die reicheren behandeln (Motto: bar auf die Kralle) oder andere Privatpazienten?
Werde ich nun 1 Stunde zum Arzt fahren müssen? Oder mich per telefonischer Ferndiagnose von einer gestressten Krankenschwester zusammenflicken lassen?
(Die armen hab ich ganz außen vor gelassen, im Krankenhaus möcht ich eh nicht sein...)
Das ganze ist, als ob man den Klassensprecher statt dem Lehrer in der Schule den Unterricht halten lassen würde...aber natürlich zusätzlich zu seiner Zeit in der Schule.
Dies sollte hier als informierender Artikel angesehen werden. Fragt doch einfach mal nach, wenn ihr mir nicht glaubt. Beschäftigt euch mal mit dem Thema und denk darüber nach, ob das alles in eurem Interesse ist.
P.S. Warum sich die Ärzte nicht wehren? Weils ihnen verboten wurde... Auf Organisation (nocht mal Aufruf) eines Streiks steht die Gefängnisstrafe (meiner Meinung nach gesetgzeswiedrig, bin aber auch kein Jurist...).
Vielen Dank für eure Zeit. Redet drüber.