Mathematische Frage: Bereich Stochastik

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Giga
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Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von Giga » 28. Aug 2013, 00:38

Hey,

ich hatte mit einem Kumpel grade eine etwas längere Diskussion um Tollo und Wahrscheinlichkeiten. Auslöser war, dass er sich 169 Tollo-Scheine gekauft hat und dabei einen doppelten hatte. Nun, da ich doch mathematisch interessiert bin (allerdings wirklich 0 Ahnung von Stochastik habe, daher dieser Thread), habe ich direkt auf das Geburtstags-Paradoxon verwiesen, nach dem es bei 23 Personen im Raum bereits mehr als 50% wahrscheinlich ist, dass zwei von ihnen am gleichen Tag Geburtstag haben und daher gemeint, das sollte gar nicht so ungewöhnlich sein. Mathematisch >müsste< die Wahrscheinlichkeit auf einen gleichen Tollo-Schein bei 169 Scheinen p = [M*(M-1)*(M-2)*....*(M-168)] / (127.512.000^169) betragen, wobei M = 177.100 und damit die Anzahl aller möglichen Tollo-Kombination mit 25! / (19!*6!) - mein Taschenrechner kriegt das nicht hin, wenn einer das mal ausrechnen möchte, vielen Dank :)

Damit war die Diskussion allerdings noch nicht vorbei, denn mein Diskussionspartner brachte einen interessante Aspekt herein:

"Wenn ich X Tollo-Scheine gekauft habe, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass der nächste Schein identisch mit einem der vorigen Scheine ist genauso groß wie die Wahrscheinlichkeit, dass unter den vorigen Scheinen ein Schein ist, der den Jackpot knackt."

Ausgehend davon, dass die bisherigen X Scheine unterschiedlich sind (hier liegt m.M.n. der Fehler, siehe unten), ist dies offensichtlich richtig - die Wahrscheinlich auf den Jackpot bei X unterschiedlichen Scheinen ist X/177.100 und die Wahrscheinlichkeit auf einen doppelten Schein beim X+1-ten Schein beträgt ebenfalls X/177.100. Das Problem an der Sache ist, dass diese Betrachtungsweise folgende (definitiv falsche) Schlussfolgerung nahelegt:

"Es ist mit einer sehr geringen Menge Tollo-Scheine bereits davon auszugehen, dass man eine hohe Wahrscheinlichkeit auf den Jackpot hat."

Diese Schlussfolgerung kommt daher, weil wir im Geburtstags-Paradoxon sehen, dass wir absurd hohe Chancen bei geringen Mengen an Tollo-Scheinen für einen Doppelten erhalten und gleichzeitig "zeigen" können, dass die Chance auf einen Doppelten beim X+1-ten Schein gleich der Chance auf einen Jackpot bei X Scheinen ist.


Meine Frage lautet daher: Wo zum Geier ist hier der Fehler?

Natürlich habe ich mir selbst auch Gedanken gemacht und bin überzeugt davon, dass der Fehler darin liegt, dass man beim X. Schein einsteigt und alle Wahrscheinlichkeiten, die mit den vorigen Scheinen zusammenhängen, komplett ignoriert (denn beim 2. Schein stimmt es noch offensichtlich - die Chance auf einen Doppelten ist identisch mit der Chance auf einen Jackpot beim ersten Schein). Schließlich steigt die Chance auf einen Doppelten ja auch schneller als die auf einen Jackpot. Aber es ist mir schlicht nicht möglich gewesen, das mathematisch zu zeigen. Wäre echt cool, wenn hier jemand aushelfen könnte :)
Zuletzt geändert von Giga am 28. Aug 2013, 01:04, insgesamt 2-mal geändert.
Vince Ebert hat geschrieben:Vor hundertfünfzig Jahren war man sich in der Fachwelt einig, das größte Zukunftsproblem in Großstädten werde der Pferdemist sein. Halten Sie mich für verrückt, aber Pferdemist ist derzeit nicht unser größtes Problem.

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iceman128
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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von iceman128 » 28. Aug 2013, 00:38

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Giga
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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von Giga » 28. Aug 2013, 00:39

iceman128 aka "Athiel, die Elfe aus dem Blumenland" ist btw. nicht der Diskussionspartner, hatte aber erstaunlich viel Spaß daran, während unserer Diskussion durch wiederholte "Penis!"-Ausrufe zu glänzen.
Vince Ebert hat geschrieben:Vor hundertfünfzig Jahren war man sich in der Fachwelt einig, das größte Zukunftsproblem in Großstädten werde der Pferdemist sein. Halten Sie mich für verrückt, aber Pferdemist ist derzeit nicht unser größtes Problem.

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Andi90
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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von Andi90 » 28. Aug 2013, 00:46

viewtopic.php?f=2&t=51950#p1054087

Mehr folgt ev. morgen :-)

EDIT: Nachdem ich den zweiten Teil auch noch überflogen habe, sehe ich, dass du was anderes wissen willst...^^ Naja, nix für ungut.

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Giga
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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von Giga » 28. Aug 2013, 00:53

Und Frage am Rande - wie kommt ihr auf 177k Kombinationen? Müsste es nicht 25*24*23*22*21*20 und damit 127 Millionen sein?

EDIT: Vergiss das, dabei wäre ja die Reihenfolge relevant. My bad.
Zuletzt geändert von Giga am 28. Aug 2013, 00:55, insgesamt 1-mal geändert.
Vince Ebert hat geschrieben:Vor hundertfünfzig Jahren war man sich in der Fachwelt einig, das größte Zukunftsproblem in Großstädten werde der Pferdemist sein. Halten Sie mich für verrückt, aber Pferdemist ist derzeit nicht unser größtes Problem.

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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von Andi90 » 28. Aug 2013, 00:54

Nein, weil die Reihenfolge der Zahlen irrelevant ist.

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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von bwoebi » 28. Aug 2013, 01:25

Ein bisschen php (mit bc-library hilft ab… die Zahlen sind ja größer als das was in ein double passt)

Code: Alles auswählen

bcscale(7);
$M = 177100;
$scheine = 169;
for ($i = 0, $dividend = 1; $i < $scheine; $i++) $dividend = bcmul($dividend, $M - $i);
$divisor = bcpow($M, $scheine);
print bcsub(1, bcdiv($dividend, $divisor));
ergibt

0.0770531 (ca. 1:13)

Übrigens brauch man, damit es mehr als 50% wahrscheinlich ist einen Doppelten zu haben (=> Geburtstagsproblem), beim Tollo exakt 496 Scheine ($scheine = 496; ergibt eine Wahrscheinlichkeit von 0.5003339, während $scheine = 495; eine Wahrscheinlichkeit von 0.4989334 ergibt)
Zuletzt geändert von bwoebi am 28. Aug 2013, 01:41, insgesamt 1-mal geändert.
Bogs sind meine Spezialität - Signaturen sind eigentlich doch überflüssig...

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Giga
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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von Giga » 28. Aug 2013, 01:29

Danke dafür, das hilft schon mal ein wenig weiter. Jetzt fehlt nur noch die Erklärung, warum daraus nicht folgt, dass man bei 496 Tollo-Scheinen eine 50%ige Chance auf den Jackpot hat.
Zuletzt geändert von Giga am 28. Aug 2013, 01:46, insgesamt 1-mal geändert.
Vince Ebert hat geschrieben:Vor hundertfünfzig Jahren war man sich in der Fachwelt einig, das größte Zukunftsproblem in Großstädten werde der Pferdemist sein. Halten Sie mich für verrückt, aber Pferdemist ist derzeit nicht unser größtes Problem.

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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von bwoebi » 28. Aug 2013, 01:43

Ähem, ja… ich habe noch mit 25!/19! gerechnet gehabt. Jetzt durch 177100 ersetzt, was schon viel logischer aussieht.
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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von bwoebi » 28. Aug 2013, 02:02

Um eine 50%ige Wahrscheinlichkeit zu haben, brauch man mehr die Hälfte aller Scheine (es wäre nämlich genau die Hälfte ohne Duplikate).
Bogs sind meine Spezialität - Signaturen sind eigentlich doch überflüssig...

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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von Giga » 28. Aug 2013, 02:10

Dass das offensichtlich stimmt sollte jedem klar sein. Die Frage ist auch nicht, OB die Schlussfolgerung oben falsch ist, sondern WARUM sie falsch ist.
Vince Ebert hat geschrieben:Vor hundertfünfzig Jahren war man sich in der Fachwelt einig, das größte Zukunftsproblem in Großstädten werde der Pferdemist sein. Halten Sie mich für verrückt, aber Pferdemist ist derzeit nicht unser größtes Problem.

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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von Caludoi » 28. Aug 2013, 09:38

Ich sehe nicht, woraus die Schlußfolgerung sinnvoll folgen soll..
(Oder was eine "hohe Wahrscheinlichkeit" in dem Zusammenhang sein soll. Aber wozu auch präziser Ausdruck in der Mathematik.)

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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von Andi90 » 28. Aug 2013, 10:45

Giga hat geschrieben:Damit war die Diskussion allerdings noch nicht vorbei, denn mein Diskussionspartner brachte einen interessante Aspekt herein:

"Wenn ich X Tollo-Scheine gekauft habe, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass der nächste Schein identisch mit einem der vorigen Scheine ist genauso groß wie die Wahrscheinlichkeit, dass unter den vorigen Scheinen ein Schein ist, der den Jackpot knackt."

Ausgehend davon, dass die bisherigen X Scheine unterschiedlich sind (hier liegt m.M.n. der Fehler, siehe unten), ist dies offensichtlich richtig - die Wahrscheinlich auf den Jackpot bei X unterschiedlichen Scheinen ist X/177.100 und die Wahrscheinlichkeit auf einen doppelten Schein beim X+1-ten Schein beträgt ebenfalls X/177.100.
Die Aussage ist falsch.

Wie ich im anderen Thread berechnet habe, liegt die Chance, beim 1000. Schein (bei 999 unterschiedlichen) einen Doppelten zu kriegen, bei ca. 94%. Die Chance, dass unter den 999 gekauften der Jackpot ist, ist allerdings 999/177'100 = 0.564%.

Die Chance für doppelte Scheine nach x-1 unterschiedlichen beträgt:

bis 177'100
PRODUKT ( x / 177'100 ) bzw. [177'100! - (177'100-x)!] / 177'100^x
von x

Damit ist auch die Schlussfolgerung falsch.

EDIT: Die Rechnung ist falsch.. Die Formel sagt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, bei 1000 Scheinen einen doppelten zu haben, NICHT die Wahrscheinlichkeit nach 999 unterschiedlichen einen doppelten zu kriegen.

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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von Caludoi » 28. Aug 2013, 11:07

Das ist Blödsinn, Andi.
Die Chance, bis zum 1.000. mindestens einen doppelten dabei gehabt zu haben, ist 94%.
Wenn man aber bereits 999 verschiedene hat, ist zum Zeitpunkt des Kaufs des 1.000. Scheins die Chance um Gottes Willen nicht mehr 94%, sondern eben genau 999/177.100.

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Re: Mathematische Frage: Bereich Stochastik

Beitrag von Andi90 » 28. Aug 2013, 11:12

Hmm Denkfehler, hast Recht..

EDIT: Trotzdem ist das der springende Punkt. Die Chance, beim 1000. Schein einen doppelten zu kriegen, ist bei 999 unterschiedlichen 999/177'100. Ebenso beträgt die Chance, dass unter den 999 Scheinen der Jackpot ist, 999/177'100.

Das Geburtstagsparadoxon beschreibt aber den Fall, dass unter 1000 Scheinen ein doppelter ist, und die Chance dafür ist 94%. Also NICHT ob der 1000. ein Doppelter ist, sondern ob sich unter den 1000 ein Doppelter befindet. Wann der kommt, ist egal.

Dass man dieselbe Formel nicht auf den Jackpot anwenden kann, liegt daran, dass die hohe Wahrscheinlichkeit beim Geburtstagsparadoxon daher kommt, dass man keinen festen Bezugspunkt wählt. Du fragst nicht, ob einer dasselbe Geburtsdatum hat, wie du selbst, sondern ob zwei Personen dasselbe Geburtsdatum haben, völlig egal, welches. Dafür hast du dann n*(n-1)/2 mögliche Paarungen, die du testen kannst (gegenüber (n-1) bei festem Bezugspunkt), was insgesamt dann die hohe Wahrscheinlichkeit bringt.

Analog bei Tollo: Die Frage, ob unter x Scheinen genau eine gewisse Kombination (der Jackpot) liegt, ist eine völlig andere, als ob unter x Scheinen zweimal dieselbe Kombination liegt.

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