Hmm, wo fange ich denn bloß mit dem Widersprechen an?
Fangen wir beim Brief des Amokschützen selbst an. In wie weit sollte man ihm Recht geben? Es stimmt sicherlich, wer sich nicht anpassen will oder kann, hat einen schweren Stand. Der Staat und die Gesellschaft stellen Anforderungen an jemanden und scheren sich wenig darum, ob diese Personen diesen gerecht werden können. Ausbrüche sind unangenehm und werden normalerweise nicht akzeptiert. Dieses gilt in Dörfern sicherlich noch mehr, als in Städten. Ein Goth in einem Dorf wird recht allein darstehen, während er in einer Stadt eine "kleine" Gemeinschaft gleichgesinnter finden kann, beispielsweise.
Damit endet meine Übereinstimmung mit dem Text jedoch schon. Wird man von Anfang an "verarscht"? Ich denke nicht. Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, die Gesellschaft würde von einem "Puppetmaster" geleitet werden, der seinen Püppchen gut zuredet und eigentlich die Fäden in den Händen hält. Daß unsere Gesellschaft so ist, wie sie ist, hat seinen Sinn. Und JEDER aus der Gesellschaft folgt nur seinen eigenen Regeln. Erst dadurch, daß die Regeln vieler sich ähneln, wird eine gesellschaftliche Norm definiert, die wiederum jeden in der Gesellschaft bedrängt, nicht auszubrechen.
Der Staat funktioniert dort ähnlich, mit dem Unterschied, daß dort Politiker als "Schiedsrichter" bestimmen sollen, welche Regeln nun Gültigkeit haben sollen, und welche nicht. (nicht zu vergessen sind jedoch auch diese Politiker durch gesellschaftliche Normen beeinflußt, sie haben vielleicht mehr Möglichkeiten zur Einflußnahme, aber auch nicht freie Hand).
Beide, Gesellschaft und Staat, legen dem Menschen Zwänge auf, manche Zwänge sind einfach moralischer Natur, manche ziemlich direkt. Manche mögen sinnvoll sein, andere nicht, alle sind jedoch willkürlich. (Besipiel: Wenn ich einem Mitmenschen eine Ohrfeige gebe, kann ich bestraft werden. Wenn ich jedoch auf die Einhaltung eines Vertrages bestehe, der diesen Menschen in den finanziellen Ruin führt (was diesen Menschen sicherlich stärker beeinträchtigen würde, als mein Handabdruck auf der Wange), kann ich nicht bestraft werden).
Und auch wenn das Individuum keine Wahlmöglichkeit hat, hat die Gesellschaft diese Zwänge einst freiwillig gewählt. "Schulpflicht ist die Schönrede von Schulzwang"... auch wenn es ein Schulzwang ist, steckt nicht der Zwang als Gedanke hinter der Schulpflicht, sondern das Recht auf Bildung! Der Schüler mag es nicht einsehen, jedoch ist die Schulpflicht zum Schutz des Schülers vorhanden. Wäre sie nicht da, dann hätten viele Kinder nicht die Möglichkeit, zur Schule zu gehen, einfach deswegen, weil die Eltern es ihren Kindern nicht anbieten würden. Sie würden dann beispielsweise auf dem Feld arbeiten, oder im Haushalt mithelfen. Nicht alle Eltern sehen die Notwendigkeit von Bildung ein, und soetwas kann man wunderschön in Ländern beobachten, in denen es keine Schulpflicht gibt, in denen sich Kinder freuen, wenn ihnen erlaubt wird, zu lernen. Insofern: Ja, die Schulpflicht ist ein Zwang, ein Zwang für die Eltern!!!
Wenn das Volk hier herrschen würde, hiesse es Anachie! Auch dieser Punkt ist nur eine Halbwahrheit. Der Ausspruch hört sich besser an, als er wirklich ist. Der Mensch hat sich gerade deswegen in die Obhut eines Staates begeben, da nicht jeder in der Lage ist, seine Interessen selbst durchzusetzen. Anachie würde nur bedeuten, daß die "Stärkeren", oder sollte ich vielleicht sagen, die "skrupelloseren" sich auf dem Rücken der Unterlegenen ausruhen. Denn nicht jeder Mensch würde nur seine Rechte verteidigen, genügend Menschen würden versuchen, ihre Rechte auszuweiten. Im Prinzip ist Anachie nichts anderes, als wie es wirtschaftlich in der Kapitalgesellschaft schon ist, der Stärkere schluckt den Schwächeren. Natürlich bedeuten Gesetze immer eine Einschränkung des Stärkeren, aber oftmals auch ein Schutz des Schwächeren. So sollte es zumindest sein. Daß dem in diesem Staat nicht so ist, steht auf einem anderen Blatt, denn im Staat hat das Wort des Stärkeren Einfluß. Anachie würde jedoch keine Verbesserung bringen, sondern nur dafür sorgen, daß der Stärkere direkt alle seine Interessen durchsetzt, anstatt einen Teil seiner Interessen mit Einflußnahme verwirklichen zu können.
"Die Menschen die sich auf der Schule befinden, sind in keinem Falle unschuldig!" Mich würde erst einmal interessieren, wessen sie sich schuldig gemacht haben? Sich den Normen zu beugen? Sich dagegen zu entscheiden, einen Weg zu gehen, dessen Ziel man nicht erreichen kann?
"Weil ich weiss das die Fascholizei meine Videos, Schulhefte, Tagebücher, einfach alles, nicht veröffentlichen will, habe ich das selbst in die Hand genommen. " Es scheint dem Amokläufer unheimlich wichtig zu sein, Verständnis für seine Tat zu bekommen. Ansonsten hätte er sich nicht damit abmühen zu brauchen, sich zu erklären. Jedoch zeigt er selbst so wenig Verständnis für die anderen, die halt nicht bereit sind, seinen Weg zu gehen. Natürlich ist es schwer, jemandem zu vergeben, der einen ausgegrenzt hat, und die Mittel, die bei einer solchen Ausgrenzuung verwandt werden, sind alles andere, als harmlos. Und doch kann ich nicht auf einer Seite Rache üben, weil ich das Verhalten der Anderen nicht ertragen konnte, auf der anderen Seite den Angehörigen sagen: "und wenn ihr damit nicht klarkommt, könnt ihr ja Selbstmord begehen" (Zitat geändert). Das ist mit zweierlei Maß gemessen.
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Bevor ich nun DM\s Analyse auseinanderpflücke, vielelicht ein paar Worte zu mir selbst. Ich selbst habe meine Schulzeit ebenfalls in schlechter Erinnerung. Ich war zugezogen in ein Dorf, die Klikenbildungsphase war bereits vorbei. Außerdem hatte ich einen ziemlichen Schönheitsfehler, der mich nicht in die Schülerschaft passen ließ: Ich hatte eine gute Erziehung. Kinder und Jugendliche erwarten voneinander, daß man sich auf bestimmte Art verhält. Freundlichkeit Erwachsenen gegenüber, im Bus aufstehen für alte Menschen, mit Lehrern gut auskommen oder im Unterricht mitarbeiten gehört nicht dazu. Außerdem war ich schon immer dick und hatte mit meinem Spleen für Rollenspiel ein Hobby, welches im Dorf nicht geteilt wurde. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich war das Hänselkind der Schule und vollkommen ausgestoßen.
Tijana hat geschrieben:Ich kann sowas halt nicht verstehen, wenn ich jemand nicht mag, dann will ich garnicht von ihm beachtet werden. Er legte offensuichtlich wert auf die "Beachtung" seitens derer die er verachtete, sowas kann nur schief gehen, sowas ist Blödsinn!
Ich kann so etwas sehr gut verstehen. Natürlich versucht man, normal zu leben, fragt sich, wieso man nicht akzeptiert wird. Gerade wenn man auf einem Dorf lebt, hat man nicht die Wahlmöglichkeiten. Da gibt es nicht die Möglichkeit, zu sagen: Tja, die mögen mich nicht, also lass ich sie links liegen. Wenn man in seiner Freizeit Freunde hat (ausserhalb der Schule), mag man in der Lage sein, den Schultag zu kompensieren. Dann bekommt man jedoch von seinen Freunden die Bestätigung, die einem bei seinen Mitschülern fehlt. In Berlin ist die Auswahl an möglichen Freunden so gewaltig, daß man eigentlich immer Gleichgesinnte finden kann. In einem Dorf liegt die Sachlage anders. Da kommen dann die Fragen auf: Wieso bin nur ich so? Mache ich etwas falsch? Bin ich falsch? Und natürlich versucht man, sich anzupassen, eine Rolle zu spielen, um die Akzeptanz von denjenigen zu bekommen, die man eigentlich nicht mag.
Tijana hat geschrieben:Fazit: Er wollte gemocht werden, von denen die er nicht mochte. Er wollte geliebt werden von denen die er nicht liebte. Sowas geht nicht, wer sowas fordert wird enttäuscht werden, er kann nur scheitern!
Und da du damit recht hast, haben wir hier das Problem. Denn man selbst kann nur jemand anderen spielen. Nur durchhalten kann man das nicht. Die anderen werden dieses Spiel durchschauen und nur versuchen, dich ins Straucheln zu bringen, dich dermaßen herauszufordern, daß du aufgibst. Und da liegt dann keine Akzeptanz, sondern nur der Versuch, dich zum eigenen Spielball zu machen.
Oft genug kann man sogar genau sagen, wie man sich verhalten müsste, um "dazuzupassen". Und doch ist man nicht in der Lage, sich so weit umzukrempeln (wobei es nebenbei ja auch nicht einzusehen ist, sich so weit unterdrücken zu lassen, nur um dazugehören zu können). Denn das würde einem die Selbstachtung vollends nehmen, müsste man ja aufeinmal gegen Grundsätze verstoßen, denen man seit Gedenken gefolgt ist. Man kann und man will auch nicht über seinen Schatten springen. (Beispiel: wenn man beispielsweise bemerkt, es gibt noch jemand anderen, der ausgegrenzt wird, könnte man z.B. dessen Ausgrenzung und Hänseleien forcieren, um sich selbst in die Gruppe einzufügen. Ich war damals nicht bereit, diesen Schritt zu gehen).
Etwas weiteres fällt mir an Sebastian B. auf, was mir sehr vertraut vorkommt: Der Versuch, seine Taten zu erklären. Gerade als Ausgestoßener ist dieses Bedürftnis groß. Weswegen, ist eigentlich recht logisch. Zum einen kann man wohl sagen, daß es aus mangelnder Anerkennung geschieht. Jeder Mensch versucht, Anerkennung zu erlangen, indem er über seine Handlungen berichtet. Normalerweise verteilt sich das auf mehrere Freunde, denen man etwas erzählt oder erklärt, und von diesen Freunden bekommt man eine Bestätigung. Einem Außenseiter fehlen diese Freunde, weswegen er niemanden hat, der sein Verlangen nach Bestätigung stillen kann.
Und doch steckt dort auch der Teufel im Detail, bedeutet dem Außenseiter die Bestätigung erheblich mehr. Ich kenne von mir das Gefühl, man möchte gerne jemand anderem die Möglichkeit geben, einfach ihn im eigenen Kopf nach belieben rumwühlen zu lassen, eine Vorstellung die wohl die meisten Menschen mit Grauen erregen würde. Hat nicht jeder Bereiche in seinem Hirn, die er niemandem zeigen wollte? Und doch überwiegt die Vorstellung, wenn der Andere in mich hineinschnüffeln könnte, dann würde er endlich meine Beweggründe nachvollziehen können. Ansonsten gäbe es so viel, was er nicht versteht, daß ich es ihm gar nicht begreiflich machen kann (ich kann es erklären, aber fassen kann er es nicht). Der Wunsch, sich dem anderen mitzuteilen, überwiegt das Bedürftnis nach Privatsspähre. Wieso ist das so? Einfach nur der Drang nach Anerkennung?
Nein, es steckt etwas mehr dahinter. Für eine Tat, die ich erklären konnte, kann man mich doch wohl kaum moralisch verurteilen, oder? Wenn jemand nachvollziehen kann, weswegen ich etwas mache, kann er mich deswegen doch nicht mehr verachten. Er muß mich nicht deswegen mögen, aber zumindest verachten kann er mich nicht. Und so fängt man an, sich für alles, was man tut, erst einmal die Absicherung einzuholen, jeden Schritt in seinem Leben zu erklären.
Und was für einzelne Taten gilt, gilt noch mehr für das eigene Leben. Die Fragen, die ich oben schon einmal gestellt habe, gipfeln eigentlich in einer Frage, die bestimmend für einen ist: "Habe ich es verdient, von meinen Mitmenschen nicht akzeptiert zu werden?" "Habe ich den Spott, den Hohn, die Verachtung verdient, da mein Lebensweg falsch ist?" Wenn ich doch jemanden finden kann, der mir sagen kann: Ich kann verstehen, wieso du dich nicht einfügen kannst, ich kann verstehen, wieso du nicht über denen Schatten springst, dann bedeutet es, ich kann sagen: Nein, ich habe das nicht verdient! Doch da man wohl kaum in der Lage ist, jemandem sein ganzes Leben verständlich zu machen, kommt halt der Wunsch: Dieser Jemand solle für einen Moment mein Wissen haben, damit er damit ein Urteil über mich fällen kann (und damit er mir sagen kann, daß ich zu unrecht leide).
Insofern kann ich nur sagen, mir hat das Verlassen der Schule und vor allem der Umzug in eine Stadt gut getan. Sicherlich habe ich aus meiner Schulzeit Narben davongetragen, wahrscheinlich auch Fähigkeiten, die für andere nicht selbstverständlich sind, wie z.B. Menschen gut einschätzen zu können und eine ganze Menge von Gedankengängen und Standpunkten nachvollziehen zu können.
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Nun aber zum eigentlichen Artikel:
DARK MAGICIAN DER SAURE hat geschrieben:Es ist wohl bewiesen, dass er geisteskrank war.
Das glaube ich nicht. Sein Brief gibt mir darauf keine Hinweise. Er hatte einige alternative Ansichten, die er aber auch mit Zigtausenden von Jugendlichen in diesem Land teilt. Ansonsten ist er einfach nur ein Mensch, der der Extremsituation, in der er sich befand, einfach nicht mehr standgehalten hat. Wer selbst noch nicht in einer solchen Lage gewesen ist, wird wohl kaum wissen können, was diese Situation für jemanden bedeutet. Ich kann deswegen die Argumente: Ich hab auch mal nen Korb bekommen und drehe deswegen nicht durch, nicht ganz gelten lassen.
Wieso, das will ich etwas erläutern:
Damit es zu einem solchen Extremverhalten kommt, ist sicherlich nicht ein Ereignis im Leben ausreichend. Daß er von einem Mädchen abgelehnt wurde, daß dieses Mädchen dann auch noch mit seinem Freund zusammengekommen ist, war vielleicht der Auslöser, aber nie im Leben der Grund. Eine ständige Außenseiterposition zu haben kann aber sehr wohl zu solchen Gedanken führen. Denn hier kommen immer wieder Verletzungen der Seele zusammen. Ein solcher Mensch hat tagtäglich mit Mitmenschen zu tun, die ihm schlechtes wollen, die ihm weh tun, die dann lachen, wenn er weint, schlimmer noch, die darüber lachen, daß er weint. Zum einen kann man wohl kaum erwarten, daß man in einer solchen Situation sehr viel Mitgefühl für seine Mitmenschen erlernt, zum anderen sorgt jede Stichelei dafür, daß sich Frust aufbaut. Und dann haut man vielleicht jemanden auf die Nase, nur weil dieser einen als "Fettsack" tituliert hat, und derjenige hält einen für bescheuert und kann gar nicht verstehen, wieso man wegen eines Wortes so ausflippt. Was er aber nicht sieht, daß man an diesem Morgen schon auf jemanden getroffen ist, der einen in die Speichen getreten hat, 5 Mädchen behauptet haben, man hätte die Krätze, man von einem Jungen angespuckt wurde, einem der Füllfederhalter gestolen wurde und man ne halbe Stunde hinter seiner Federtasche hinterhergejagt hat, und das alles geschluckt hat, ohne durchzudrehen. Ständige kleine Stichelleien können sich halt irgendwann mal aufstauen. Und dann mag es zu Hause gleich weitergehen. Man kommt geladen aus der Schule, reagiert seine Wut vielelicht an seiner kleinen Schwester ab, bekommt (natürlich) gleich Streß mit den Eltern (anstatt den Zuspruch und die Anerkennung, die man ja schon nicht in der Schule bekommen hat). Und sollte es mal kein Streß zuhause geben, dann kommen die Eltern vielleicht noch auf die Idee, einem Hinweise zu geben, wie man sich verändern könnte, damit man akzeptiert wird. Und das passiert dann üblicherweise in der Form: Du mußt wirklich...., so wie du jetzt bist, wirst du doch nie Freunde / eine Freundin finden. So wie du jetzt bist, wirst du doch nie auf eigenen Beinen stehen, oder so wie du jetzt bist, wirst du doch nie Erfolg haben. Eltern sind nunmal in der Regel keine Pädagogen. Und auch wenn sie ihre Ratschläge gut meinen, heilfen sie normalerweise dem Schüler nicht (da die Eltern ja nicht den gleichen Erfahrungshorizont besitzen, wie der Schüler), und vor allem werten sie das Kind herab, anstatt daß es Zuspruch bekommt. Nun ist es nicht mehr der Fremde, der einen nicht akzeptiert, nein die Vertrautesten Personen im eigenen Leben sagen einem: Du machst alles falsch! Und auch das sind weitere (in dem Fall ganz große) Stiche ins Selbstbewußtsein und in die Zufriedenheit.
Und wie bei einem Damm, den man nach und nach untergraben kann, und trotzdem hält er, kann dann ein Spatenstich ausreichen, damit er bricht.
Und aufeinmal machen Aussagen, wie:
Ich verabscheue diese Menschen, nein, ich verabscheue Menschen.
[...]
Das einzigste was ich intensiv in der Schule beigebracht bekommen habe war, das ich ein Verlierer bin.
einen Sinn.
Insofern an jeden, der sagt: Ich dreh doch auch nicht durch, nur weil mich ne Flamme abweist, sei gesagt: Dein Damm ist auch noch lange nicht so untergraben worden, wie dieser. Ich denke, wenn alle Menschen eine Phase als Außenseiter hätten durchleben müssen, gäbe es sehr viel mehr Leute, die Amok liefen, doch da ihr Leben besser verlief, sind sie nie in die Verlegenheit gekommen.
DARK MAGICIAN DER SAURE hat geschrieben:Sebastian B. spiegelt ein gescheitertes Deutschland wieder.
Nein, meiner Meinung nach nicht. Sebastian spielgelt nichst weiter wieder, als daß Menschen in unserer Gesellschaft auf einer Verliererseite stehen können. Jedoch ist Deutschland daran sicherlich nicht die Schuld zu geben. Die Gesellschaft hat sicherlich niemanden dazu gezwungen, Sebastian B. dermaßen auszugrenzen, bis dieser sich zu seiner Tat getrieben gefühlt hat. Aber Sebastian hat doch seine Tat lange vorher angekündigt, er hat förmlich um Aufmerksamkeit gebettelt, um nicht zum Extrem greifen zu müssen. Na und? In Deutschland leben 80 Mio Menschen, ein jeder mit seiner eigenen Geschichte, ein jeder mit unterschiedlichen Vorstellungen. Ein Staat kann gar nicht in der Lage sein, auf jeden einzelnen dieser Menschen zu achten, bei einer so großen Gesellschaft ist es nur natürlich, daß es Menschen gibt, die dort unterkommen. Sebastian B. ist halt ein solcher Fall. Die Gesellschaft und der Staat können nur ein gewisses Maß an Hilfestellung und (in diesem Fall wäre es nötig gewesen) Überwachung gewährleisten. Man kann nicht auf der einen Seite sagen: Der Staat hat kein Recht dazu, mich zu überwachen (Stichwort Polizeistaat), auf der anderen Seite aber klagen: Wieso hat der Staat davon nichts gewußt?
Zu sagen: Unser Staat ist Schuld, daß das passiert ist, wäre in etwa so, als zu sagen: Unsere Wissenschaftler sind Schuld, daß die Unsterblichkeit nicht erfunden wurde. Momentan gibt es dort keine bessere Alternative.
Wenn man schon Schuld verteilen will, dann vielleicht, daß es nicht in der Natur des Menschen liegt, jederman bedingungslos zu akzeptieren und zu lieben.
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Letzter Punkt: Ist CS schuld am Unglück? Nein. Aber man sollte trotzdem nicht sagen: Das ist doch alles harmlos. Vorweg: Ja, ich bin mit Ego-Shootern aufgewachsen, habe als 8-jähriger schon Comando Lybia gespielt (indiziert, da man als Bonuslevel ein Erschießungskomando gespielt hat), oder Babarian (indiziert, da Köpfungsszene). Ich habe Doom 1&2, Heretic, Duke Nukem 3d, Wolfenstein 3D, Quake, und was weiß ich nicht für Ego-Shooter gespielt, ohne amok zu laufen.
Dennoch gibt es eine Entwicklung, die ich schon den Gewaltmedien zuschreibe, daß Menschen der Brutalität gegenüber gleichgültiger werden. Das bedeutet nicht unbedingt, daß sie selbst brutaler werden, aber daß sie weniger sensibel gegenüber Brutalität werden. Wenn man z.B. vergleicht, vor welchen Filmen sich unsere Eltern (oder Großeltern) noch gefürchtet haben, was jemanden heutzutage einfach langweilt (und das nicht, weil die Effekte so schlecht wären, sondern weil einen die Story nicht berührt), dann sieht man sehr wohl eine Entwicklung. Wofür bekamen vor 20 Jahren Filme noch FSK 16/18, die heutzutage wohl kaum noch FSK 12 wert wären? Wer würde sich heutzutage noch vor den "reitenden Leichen" gruseln (bei denen Frau erst ne halbe Stunde in der Ecke stehen und schreien muß, bis diese sie erreicht haben)? Da ist heutzutage eine Folge Inuyasha brutaler!
Nein, es wird niemand zur kaltblütigen Bestie, weil er ein Computerspiel spielt. Und doch haben die Medien (Computerspiele, Gewaltfilme, auch Nachrichten) die Gesellschaft desensibilisiert, muß inzwischen extrem mehr Aufwand getrieben werden, um die Gesellschaft noch zu schocken.