Sel-lej kemmna hat geschrieben:Die semipermeable Internetwand verhindert bei mir jegliches Durchsickern von echten Gefuehlen. Sie laesst sehr wohl den Inhalt durch, doch der ist nackt. Schutzlos stellt er sich dem kalten Geist gegenueber, den kein Gefuehl, keine Erinnerung aufhaelt.
Probleme spielen sich, zumindest bei mir, nicht in der Freewarwelt oder -forum ab.
Und hier nähern wir uns einem tatsächlichen Problem. Ob man es will, oder nicht, auch in einem Forum hat man es mit Menschen zu tun und man kann sie mit einem simplen Satz treffen, sogar die ganz Harten. Man will gern völlig emotionslos dieser virtuellen Welt gegenübertreten, aber nachdem ich das hier eine Weile mache, weiß ich, dass dies nur sehr wenige Menschen wirklich schaffen. Natürlich ist es bedenklich, wenn ein Mensch mehr in einer virtuellen, denn in einer realen Welt lebt. Allerdings, ich sag es nicht ungern, wir leben in einer virtuellen Welt, jeder einzelne lebt in seinem ganz privaten Mikrokosmos aus richtigen und falschen Interpretationen des Verhaltens realer Menschen. Wir haben jeder nur einen einzigen Blickwinkel und machen Fehler bei der Deutung der Verhaltensweisen anderer Menschen. Im wahren, wie im strikt virtuellen Leben müssen wir aber die gleichen Dinge leisten, abgesehen davon, dass wir im Netz jederzeit ein anderer werden können, ein simpler Namenswechsel (oder Neuanmeldung) reicht. Das Netz hat einen gewaltigen Vorteil, der für jedes Spiel gilt: Restart inbegriffen. Versucht das mal im realen Leben. Es ist weit schwerer, weit härter und weit mühseliger, als man am Anfang denkt und mittendrin stellt man fest, allen Mustern entkommt man nicht.
Abgesehen davon Sel-lej, es mag sein, dass du keine Gefühle zulässt, keine in dir, aber du verursachst welche. Es fällt dir vielleicht, wie vielen anderen Menschen auch im realen Leben nicht auf, dass der Schutzmantel, mit dem wir uns zu umgeben geruhen (ja, auch im wahren Leben verwenden wir diesen, sonst hätten wir bald immense Probleme) andere durchaus verletzt.
Es gibt Menschen, mit denen wollen wir nichts zu tun haben. Das ist gut, das ist richtig. Kaum einer von uns wird wohl das Zeug zum Erretter der gesamten Menschheit haben und falls das einer von sich denkt, es gibt da bestimmte Ärzte, die für dererlei Störung zuständig sind, ergo müssen wird die Menschen selektieren, deren gesamte Probleme in unser Leben treten dürfen, die einige Schwierigkeiten mit uns diskutieren können und solche, die diese Erlaubnis nicht erhalten. Dann gibt es noch einen erweiterten Kreis von Menschen, mit denen wir regelmäßig zu tun haben und deren Leben wir stichpunktartig kennen, deren soziale Verknüpfungen in unsere Richtung uns bekannt sind, mehr aber auch nicht. Wir wissen von diesen, was wir mit ihnen anstellen können und meist dient das rein dem Spaß, denn für alles andere haben wir ein anderes Umfeld, den inneren Kreis also quasi.
Wir können aber eins, es sei denn jeder dieser Person gewährt uns einen Einblick, nicht, wissen was die Menschen genau denken. Selbst der Einblick ist jedoch durch unsere Wahrnehmung verzerrt. Sei es, wie es ist. Es gibt eine weit größere Masse Menschen, die außerhalb des inneren, des erweiterten und des großen Kreises leben. Was diese von uns denken interessiert uns, oder eben nicht. Wenn es einen zu stark interessiert, neigt man dazu es allen recht und billig machen zu wollen, ein Unterfangen, dass man schleunigst beenden sollte, denn es klappt einfach nicht. Es gibt Menschen, da können wir Störche braten, Milliarden verschenken oder ihnen sonstwie entgegenkommen, sie werden uns nicht mögen. Die Lösung dieses Problems ist biochemisch und unwichtig. Meist interessieren sie uns nicht, das Maximum, was wir hinbekommen ist ein betroffenes Gesicht, falls einer aus unserem Kreisgewirr mit diesem redet und dabei etwas zur Sprache kommt, was allgemein gültig als traurig betrachtet wird, aber das war es dann schon. Und nun sind wir an exakt der Stelle, wo der Text hinführen sollte. Wir haben diesem Menschen keinerlei Emotionen gegenüber und dennoch eine Wirkung auf ihn. Real, wie auch virtuell. Wie auch immer wir einem Menschen gegenübertreten, sachlich nüchtern, hochnäsig, schulmeisternd, arrogant, ignorant, freundlich, böse oder in sonst einer möglichen Form, es wirkt auf diesen. Mit nur einem Wort können wir Menschen einen anderen vernichten. Mit nur einem bewusst, wie unbewusst geäußerten Wort können wir ihn so sehr beleidigen, dass er einen Brief schreibt, sich wundert und nachfragt. Wir müssen das gar nicht mal bösartig gemeint haben, trotzdem, auch virtuell, kann es passieren, dass unsere emotionslose Betrachtungsweise, ein sachlich nüchterner Kommentar bzw. eine kalte Feststellung und beiläufige Äußerung einen Menschen treffen. Möglicherweise gelingt es einem stetig jegliches Aufkommen eines Gefühls zu unterbinden, keines zu verursachen wird er nicht schaffen.
Stellt sich die Frage, wer betrachtet meine letzten beiden Posts als arrogant, wer als schulmeisternd, wer als interessant und wer als nervend oder auch nur als informativ?
Jeder hat ein Recht so zu sein, wie er will, ohne dumme Witze über seine Herkunft, seine Farbe, sein Geschlecht oder auch seine musikalischen - stilistischen Vorlieben, solang sein "Sein" nicht das eines anderen in eben diesen Dingen verletzt. Und darum geht es, emotionslos ist etwas anders, als emotional kalt. Emotionslos bedeutet auch frei von Wertung, das war nicht der Fall, es gab eine Wertung, durch die Rezitation eines einfachen Witzes. Und genauso ist es bei Camisado. Er wollte es vielleicht nicht verurteilen, getan hat er es dennoch, mit seinen Kommentaren. Es gibt aber eine Welt jenseits des Schleiers und diese ist, ob virtuelle oder real, voller Menschen, die in keiner Weise eure Intention kennen und deshalb deuten müssen, dabei Fehler machen und sich möglicherweise das Gesagte zu Herzen nehmen. Und in diesem Fall z.B. als Aufmerksamkeit interpretieren, wenn auch als negative solche, was ja nicht stört, da es wenigstens Zuwendung ist.